Worte und Hindernisse
von Horst Hawemann
Erschienen in: Recherchen 108: Horst Hawemann – Leben üben – Improvisationen und Notate (03/2014)
Sprache braucht Hindernisse. Werden sie überwunden, handelt sie.
Einige Vorschläge für Situationen:
Was ich dringend einem anderen zu sagen habe, muss ich gesagt haben, bevor er die Tür hinter sich zuschlägt.
Ich bitte um eine notwendige Hilfe, solange ein Auto an mir vorbeifährt oder rast. Bei einem Radfahrer habe ich andere Möglichkeiten.
Ein Flößer will ein Märchen, einen Witz oder politische Nachrichten von mir hören. Ich habe nur so viel Zeit, wie das Floß braucht, um an mir vorbeizuziehen. Zur Not kann ich am Ufer neben dem Floß herlaufen.
Vielleicht trifft das sogar ein Thema in unseren schnelllebigen Zeiten. Wörter, Sätze, Texte, Wichtiges, Dramatisches und Entscheidendes im Vorbeirasen, Vorbeischwimmen, Vorbeitraben, Vorübergehen, Vorbeihumpeln, Vorbeieilenhastenrennenstürmen usw. Um auf die Ruhe zu verweisen, sollte unbedingt eine Schnecke vorbeikommen …
Auch Bedingungen sind Hindernisse:
Nur kein falsches Wort sagen.
Fasse dich kurz!
In die Atempause eines geschwätzigen Partners kommen.
Die entscheidenden Worte wählen.
Sich nicht verraten.
Nach dem Munde reden.
Ein bestimmtes Wort unbedingt vermeiden.
Kein Wort zu viel sagen.
Unaussprechliche Worte weglassen.
So viel wie möglich Fremdwörter verwenden.
Pausen machen!
Vereinfacht gesagt, haben wir in dieser Sammlung die Sprache unter „Druck“ gesetzt. Das ist das Hindernis. Druck übt kolossal, wenn er nicht mit...