Das Spiel beginnt unmissverständlich: In einem Umfeld, in dem nach unten getreten wird, Frauen abfällig mal als Hure, mal als Wurfmaschine beschrieben werden, ist nichts Gutes zu erwarten. Der Raum wird markiert durch ein elegantes, rotes, fünfsitziges Sofa und einen abgewetzten ledernen Boxsack, der in der Kuppel des ehemaligen Solbades hängt, in dem sich das Theater an der Ruhr befindet. Angesiedelt in der Welt des Boxsports – der Mülheimer Othello hat nicht das feindliche Heer besiegt, sondern ist ehemaliger Boxprofi –, schaffen der Regisseur Roberto Ciulli und sein sechsköpfiges Ensemble eine symbolkräftige Atmosphäre: Es geht ums Überleben, um Hierarchien und Macht. Darunter liegt ein sich wütend aufbäumender Rassismus, der sich – lange totgeschwiegen, verkappt und in Schach gehalten – nun wieder Bahn bricht.
Das perfide Gegenmittel: Aussitzen, mit geringstmöglichem Einsatz und größtmöglicher Raffinesse die Konflikte sich selbst lösen lassen. Das Problem heißt Othello. Othello, gespielt von dem nigerianischen Schauspieler Jubril Sulaimon, ist schwarz. Sein sportlicher Erfolg ist die Eintrittskarte in die venezianische Gesellschaft. Und noch mehr: Er schafft es sogar, in die Upperclass einzuheiraten, und nun sitzt er neben den anderen auf dem schicken Sofa. Was heißt: sitzen! Er lümmelt sich, liegt, macht sich breit, als würde alles ihm gehören....