Die Bühne von Stefan Heyne liegt da wie eine Eiswüste, in der sich Schollen aufeinandergeschoben haben: ganz weiß. Unbefleckt? Nein, eher tödlich, so wie in Georg Trakls „Psalm“, wo es heißt: „Es ist ein Raum, den sie mit Milch getüncht haben.“ Autoreifen, ein vergessener Weihnachtsbaum, Büroreste und eine Art Hochsitz: alles erscheint wie in einen weißen Schutzanzug gesteckt. Die Szenerie wirkt aber nicht nur sehr kalt, sondern auch sehr gefährlich.
Weiß, das ist die Farbe des Todes oder, wie der Autor Lars Werner (geboren 1988) sagt, der offenbar an Grafikdesign denkt: „Zwischen zwei geschriebenen Zeilen ergibt sich durch den Weißraum eine optische Grenze.“ Werner hat mit seinem Stück, für das er 2018 den Kleist-Förderpreis erhielt, ein Experiment unternommen. Er untersucht die unsichtbaren Grenzen, die uns trennen, nicht mehr nur Ost und West oder Junge und Alte, auch jene, die sich äußerlich gesehen gleichen. Aber sie sind eben doch verschieden. Und das ist immer wieder auch eine schmerzhafte Erfahrung.
Eine Frau wird am verlassenen Provinzbahnhof überfallen. Sie ruft laut um Hilfe. Versuchte der Marokkaner Munir Bounou sie zu vergewaltigen? Man wird es nicht erfahren, denn Uli, der Gleiswärter (Mario Gremlich), ist der Frau zu Hilfe geeilt. Er schlägt so stark auf...