Sprechen und Spielen: Improvisation
Erschienen in: Lektionen 7: Theater der Dinge – Puppen-, Figuren- und Objekttheater (10/2016)
Improvisation mit Puppen ist das Verinnerlichen und Phantasieren von Fremdkörpern durch Bewegung und deren sprachliche Synchronisation mit Stimme. Der erste Schritt dazu und gleichzeitig der schwierigste Punkt ist, klarzumachen, dass Improvisieren keine theaterspezifische Methode, sondern ein alltägliches, von jedem Menschen ständig angewandtes Prinzip ist, das letztlich Leben bedeutet. Ohne Improvisation kann kein Mensch überleben. Wir haben kein Textbuch, sondern müssen morgens mit dem Aufstehen sofort beginnen, Worte zu finden: zu anderen Menschen, zu uns selbst; wir müssen ständig Entscheidungen treffen, durch die Gesten, Worte, Handlungen entstehen – alles ohne vorgeschriebenen Text, ohne Spielanleitung und Regie. Das Theater hat offensichtlich das Improvisieren nicht erfunden.
Wer kennt dieses Spiel nicht: Hätte ich doch in der gerade vergangenen Situation auf den Satz von Frau Y oder Herrn X das und das, etwas anderes gesagt, oder wäre ich doch ruhig geblieben, dann wäre das alles ganz anders gelaufen usw. – So geht man eine Situation gedanklich oder in einem Gespräch noch einmal durch und schneidet oft besser ab, weil man aus der Ruhe des Nachspielens heraus viel schlagfertiger ist. Das ist eine verspätete Schlagfertigkeit, ja, verspätet, aber sie hilft uns vielleicht das nächste Mal, besser in einer ähnlichen Situation zu bestehen oder anders...