Theater der Zeit

Dialektik der Anerkennung: Dichotome Übertragungen von Herrschaft und Knechtschaft als gemeinschaftsstiftende und ausschließende Taktik

von Julius Heinicke

Erschienen in: Recherchen 148: Sorge um das Offene – Verhandlungen von Vielfalt im und mit Theater (05/2019)

Auf der anderen Seite schlägt sich die Metaebene des Herr-und-Knecht-Verhältnisses in der Phänomenologie des Geistes ebenfalls in einer ganz bestimmten Art der Gemeinschaftsbildung nieder, die ganz und gar in der dialektisch-dichotomen Tradition des Abendlandes samt dessen Fortschrittsgedanken steht. Die Abwertung des Körperlichen zugunsten des Geistigen, der stete Wunsch, eine höhere, abstraktere Geistesebene zu erreichen, sind exemplarisch für dieses Kollektiv aus Subjekten, deren Grundkonstellation sich aus der Begierde auf und gegen das Andere nährt: „Das Selbstbewusstsein ist an und für sich, indem und dadurch, dass es für ein Anderes an und für sich ist, d.h. es ist nur als ein Anerkanntes.“110 Zwar unterstreichen einige westliche Geisteswissenschaftler, so zuletzt Axel Honneth in Anerkennung. Eine europäische Ideengeschichte,111 zu Recht, dass zumindest Frankreich, England und Deutschland ganz unterschiedliche Prozeduren und Ebenen des Anerkennens nach der Aufklärung durchlaufen haben, doch weisen alle drei Länder auffallend einhellig dem afrikanischen Kontinent eine bestimmte Rolle im Prozess des Anerkennens zu.112 Ob in der Philosophie oder Psychologie, ob selbstreflexiv oder zwischenmenschlich, werden afrikanische kulturelle Gruppen entweder als nicht ebenbürtig anerkannt oder aber müssen im Prozess der Anerkennung als Knecht herhalten. Auch Honneth beobachtet in seinem jüngsten Werk, dass in der Ideengeschichte der Anerkennung, obwohl diese...

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