Spontanes Handeln, bewusstes Handeln, gestaltetes Handeln
von Horst Hawemann
Erschienen in: Recherchen 108: Horst Hawemann – Leben üben – Improvisationen und Notate (03/2014)
Was bedeutet das: Schöpfen? Da ist ein Brunnen. In seiner unbekannten Tiefe verbirgt sich etwas Schöpfenswertes. Da wird ein Krug eingetaucht und gefüllt. Der gefüllte Krug wird herausgezogen und ausgeschüttet. Ein Inhalt verteilt sich. So ähnlich ist es beim Improvisieren. Oben kommt an, was man sich aus der Tiefe besorgt hat. Ich fülle und bewege den Krug. Ich bin der gefüllte Krug. Und die Tiefe ist meine Tiefe. Der Vorgang ist die schöpferische Nummer.
Schon immer werfen Leute, berühmte und weniger berühmte, Münzen in Brunnen, an die sie Wünsche binden. Wir versammeln Spieler an dem Brunnen. Sie holen die Wünsche aus der Tiefe ans Licht des Tages. Sie machen sich die fremden Wünsche zu eigen, erfüllen oder vergrößern sie. Das ist ein handelnder Vorgang. Kommt die Stadtreinigung und entfernt die Münzen, ist das eine Tätigkeit. Sicher eine nützliche Arbeit, die aber auch nach der zigsten Wiederholung keine schöpferische Leistung wird. Improvisiert handeln ist etwas anderes, als tätig sein.
Eine Handlung wird von Neugier, Sehnsucht, Wünschen, Hoffnungen, Empfindungen, auch von Ängsten und Problemen, also von Widerständen begleitet. Eine Handlung braucht immer Hindernisse und Umstände, die sie bewegen, die sie entwickeln. Eine Tätigkeit wird also dann zur Handlung, wenn man ihr Hindernisse,...