Lachen mit den Toten in Ozeanien
von Joachim Fiebach
Erschienen in: Welt Theater Geschichte – Eine Kulturgeschichte des Theatralen (05/2015)
Den Rahmen eines vernünftigen Verhaltens und Denkens aufbrechend oder anfechtend dekonstruiert man clownesk die Ordnung ursprünglich schriftloser Ethnien im Südpazifik. Mit Tricks der Verkehrung, des Widerspruchs und der Übertreibung erzeugt man Un-Ordnung, indem Zusammenhang und Kontinuität demontiert werden, und kann so einen kritischen Standpunkt einnehmen, kann clowneskes Tun auch als „Nonsense“ ein politisches Ziel verfolgen.264
Aufschlussreich ist das Fest/Ritual für eine tote Frau in einer zahlenmäßig sehr kleinen Fischer- und Händler-Gesellschaft auf Papua-Neuguinea. Die Tote war vor ihrem Gehöft aufgebahrt worden. Ihre engsten Anverwandten weinten über der Leiche, zogen sich dann aber zurück und starrten bewegungslos auf die Schwestern des Vaters und die Töchter des Bruders der Toten, die traditionell gekleidet um den Leichnam tanzten. Die Tanzenden drangen auch lärmend in das Haus ein und stießen die Leiche an mit dem Gestus, sie solle aufstehen und mit ihnen tanzen, und schlugen mit Messern, mit denen man gewöhnlich Feuerholz zuschnitt, gegen die Bahre. Da sie mit der Lebenden eine spezielle Scherz-Beziehung (joking relationship) hatten, versuchten sie sie aus ihrem jetzt passiven und in diesem Sinne auch asozialen Status zu reißen, asozial, da sie in ihrer Eigenschaft als Scherzpartner nicht mehr „mitspielte“. Die aufdringlichen und höhnischen Versuche, die...