Für den amerikanischen Markt hatte sich Bert Brecht einen tollen Titel überlegt: „The Private Life Of The Master-Race“. Das Privatleben der Herrenrasse. Der bekannte deutsche Titel, angelehnt an Balzacs Kurtisanen-Roman, klingt nicht weniger knackig, aber ungleich pathetischer: „Furcht und Elend des Dritten Reiches“, entstanden 1937/38 im Exil. In 27 voneinander unabhängigen Szenen sehr unterschiedlicher Länge zeigt Brecht, wie in den Anfangsjahren des Nationalsozialismus die Angst vor Denunziation die Menschen lähmt, auch wenn sie sich nicht bereitwillig dem totalitären Staat unterwerfen. Ein „Privatleben“, das ist die Pointe, gibt es nicht mehr, es ist ausgelöscht. In einer der beklemmendsten Szenen, betitelt mit „Der Spitzel“, sieht man ein Akademikerpaar, schwankend zwischen Anpassung und vagem Widerstand, das sich vor der Denunziation durch den eigenen halbwüchsigen HJ-Jungen fürchtet. Ob dies droht oder nicht, bleibt offen, genau darin liegt das Unheimliche der Situation. Die Erwachsenen kuschen vor dem potenziellen Entlarvungsfuror ihres Knaben, mit dessen „nationalem Empfinden“ sie schon Bekanntschaft gemacht haben.
Zu Beginn der Dortmunder Aufführung im Ausweichquartier Megastore tritt Brecht persönlich auf, in Gestalt des Schauspielers Uwe Schmieder; er wird als Moderator durch den Abend führen, Regieanweisungen einsprechen usw. Sascha Hawemann, der Regisseur, hat den Versuch unternommen, die isolierten Szenen miteinander zu verzahnen. Das überzeugt...