Mehr als zehn Jahre Handeln und Wirken auf einige Zeichen herunterzubrechen ist immer eine vermessene Angelegenheit. Erst recht, wenn die Intendanz ein Haus mit mehreren Sparten umfasst. Und wenn das Programm eines solchen Großbetriebs der Kunst so gar nicht klar auf zwei oder drei Schlagworte reduziert werden kann. Denn wer versucht, die Amtszeit von Dagmar Schlingmann am Saarländischen Staatstheater zu bilanzieren, kommt unweigerlich zu der ersten Erkenntnis, dass ihr Profil in gewisser Weise die sehr wichtige Auflösung eines Profils voraussetzt, nämlich ein Etikett wie Volks-, Heimat- oder nationalkulturelles Theater bewusst hinter sich zu lassen.
Geografisch mag das Haus einerseits am Rande Deutschlands, andererseits im Herzen Europas liegen. Das kleine Saarland mit seiner wechselvollen deutschfranzösischen Geschichte weiß, dass es nur in der Vernetzung zu Bedeutung gelangt. Dagmar Schlingmann hat die Notwendigkeit daher zur Tugend erhoben, indem sie das von der EU geförderte Netzwerk „Total Theatre“ begründete und über Jahre hinweg ausbaute, das unter anderem Kooperationen mit Theatern in Frankreich, Belgien und Luxemburg umfasst.
Dem europäischen Gedanken verpflichtet, setzte die Intendantin vor allem auf den Kernkanon des Kontinents. Von der italienischen Oper, mit Giuseppe Verdis „La Traviata“ oder Gioachino Rossinis „Der Barbier von Sevilla“, über Shakespeare als Inbegriff der englischen Dramatik, den...