Thema
Das Ende der Volksbühne?
von Henry Hübchen
Erschienen in: Theater der Zeit: Perspektiven der Volksbühne – Viktor Jerofejews Putin-Stück: Der Große Gopnik (05/2024)
Assoziationen: Berlin Volksbühne Berlin
Die Steine werden nicht zusammenfallen. Sie steht schon über 100 Jahre da. Top saniert, wie nie zuvor, gewaltig, einladend am Rosa-Luxemburg-Platz, dem Platz voller Geschichten und mehrmaligen Namenswechseln. Ein Platz, auf dem Klassenkämpfe ausgetragen wurden. Roter Frontkämpferbund und SA, die Privatarmeen der Linken und der Rechten schlugen sich die Köpfe ein. Die Polizei sah zu.
Die Volksbühne, das Deutsche Theater, das Burgtheater, das Berliner Ensemble, die Namen klingen, weil vor allem innen, in den architektonisch geschichteten Steinen ab und zu etwas Außergewöhnliches stattfand. Ich wollte als junger Schauspieler nicht an die Volksbühne. Ich wollte zu Benno Besson, Manfred Karge, Matthias Langhoff, Fritz Marquardt. Die waren zufällig an der Volksbühne, und weil sich auch Heiner Müller dort herumtrieb. Das Theater strahlte und die Volksbühne wurde wieder ein Begriff, nach jahrelangem Schlaf. Die Steine blieben aber Steine, stoisch unbeeindruckt. Ich war immer der Meinung, ein Theater ist keine Backstube. Da werden keine Brötchen gebacken, sondern Ereignisse. Nach dem Weggang von Benno Besson und anderen wurde die Volksbühne allerdings wieder zur Backstube. Ich habe eigentlich nichts gegen Brötchen, wenn sie nicht zu luftig sind. Wenn schon, dann richtige Berliner Schrippen. Damit kann man auch überleben. Dann kam der Anschluss „Deutschland einig Vaterland“. Und...