Rassismus und Blackfacing im Theater
von Julius Heinicke
Erschienen in: Recherchen 148: Sorge um das Offene – Verhandlungen von Vielfalt im und mit Theater (05/2019)
Die Frage, wie nun eigentlich Geflüchtete auf der Bühne dargestellt werden sollen, nährt eine seit Monaten lodernde Debatte um Blackfacing, entflammt durch die provokative Aufführung von Brett Baileys Exhibit B während des Festivals „Foreign Affairs“ der Berliner Festspiele,3 aber auch durch andere Inszenierungen deutschsprachiger Regisseure wie Thalheimers Unschuld am Deutschen Theater in Berlin,4 deren Akteure sich für ihr Blackfacing naiv-unschuldig gaben,5 und Sebastian Baumgartens Die heilige Johanna der Schlachthöfe,6 in welcher das Ganzkörper-Blackfacing einer weißen Schauspielerin auf dem Plakat des Theatertreffens 2013 ganz offensichtlich mittels Provokation Öl ins Feuer gießen sollte. Joy Kristin Kalu stellt in dieser Art von Inszenierungen ein rassistisches Gebaren fest, da weiße Regisseure das sensible Zeichenrepertoire dunkler Hautfarbe nutzen:
Resignifizierung und Dekonstruktion verletzender Zeichen sind vielmehr immer auch als politische Praxis zu verstehen, bei der die Möglichkeit der Umdeutung zuallererst bei ebenjenen liegt, die der Gewalt des Zeichengebrauchs ausgesetzt sind. Diese fehlten auf der Bühne und im künstlerischen Team von Baumgarten und hätten ansonsten vermutlich dessen rassistische Darstellungspraxis verhindert.7
Die Frage, wer „verletzende Zeichen“ inszenieren darf und wer nicht, wird kontrovers diskutiert. In der Londoner Barbican Gallery wurde Brett Baileys Projekt wegen heftiger Proteste vorzeitig von den Veranstaltern abgesetzt. Der...