Thema: who’s next?
Was kann man tun?
Ein Plädoyer gegen die Vereinzelung
von Mehmet Sözer
Erschienen in: Theater der Zeit: Song of Smoke – Der Regisseur und Musiker Thom Luz (05/2015)
Assoziationen: Debatte Münchner Volkstheater
„Ich kann diese Schauspieler noch so aufmerksam betrachten, ich finde in ihnen nichts, was sie von den übrigen Bürgern unterscheidet, es sei denn eine Eitelkeit, die man Unverschämtheit nennen könnte, eine Eifersucht, die ihren Kreis mit Unruhe und Haß erfüllt.“
Denis Diderot
Anlass zu diesem Essay hat mir ein über lange Zeit hinweg angehäuftes Unbehagen gegeben. Ein Unbehagen, das genau genommen mit dem Beginn meiner Ausbildung zum Schauspieler seine Geburtsstunde hatte, also mit der schrittweisen Einführung in den Theaterapparat. Das Unbehagen besteht darin, dass dieser Theaterapparat eigentlich überhaupt nicht hält, was er verspricht: nämlich der Ort zu sein, an dem Wahrheiten verhandelt, Geschehnisse reflektiert und die gesellschaftlichen Gegebenheiten verändert werden können. Ein Ort zu sein, der verändert oder Veränderung ermöglicht – oder diese zuallermindest denkbar macht.
Das ist natürlich nicht der Fall, das ist weithin bekannt. Das Theater, von dem man in romantischen Kunstliebhaber-Reden hört, die gefährliche Subversivität, die zu verschiedenen geschichtlichen Umbruchszeiten von ihm ausgegangen sein soll, das alles gibt es nicht. Oder nicht mehr. Vielleicht gab es so etwas auch noch nie, und wir geben uns schon immer mit der bloßen Vorstellung eines Theaters zufrieden, das dieselbe Funktion für die Gesellschaft erfüllt wie der Traum für das Individuum...