4.6.3 Whiteness erfahren und reflektieren
von Theresa Schütz
Erschienen in: Recherchen 164: Theater der Vereinnahmung – Publikumsinvolvierung im immersiven Theater (05/2022)
Assoziationen: Tamilla Woodard James Scruggs
Da es mir nur möglich ist, aus meiner eigenen, weißen (und weiß markierten) Perspektive über die Aufführung und meine Zuschauer*innen-Erfahrungen zu sprechen, möchte ich im folgenden Abschnitt entlang einer theoretischen Perspektive (selbst-)kritischen Weiß-Seins herausarbeiten, inwieweit das Erfahrungsgeschehen, das von 3/Fifths in Gang gesetzt wird, es schafft, Zuschauer*innen die körperliche, diskursive und affektive Macht von Whiteness erfahrbar zu machen.
Die Critical Whiteness Studies entstanden in den USA bereits Ende der neunziger Jahre aus der afroamerikanischen und feministischen Theorie heraus. Autorinnen wie bell hooks und Toni Morrison kritisierten, dass weiße Rassismusforschung primär Konstruktionsprozesse des ›Anderen‹ adressiere, anstatt sich – sei es in der Literatur (Morrison, 1993260) oder in der »schwarzen Vorstellungswelt« (hooks, 2018 [1994]) – auch mit der entsprechenden Konstruktion von Weiß-Sein im perspektivischen Modus einer De-Essentialisierung und Dekonstruktion auseinanderzusetzen. Denn nur auf diese Weise würde es möglich, Whiteness durch seine Sichtbarmachung den epistemischen Status vermeintlicher Neutralität oder gar Universalität zu nehmen (vgl. Röggla, 2012, S. 30). Ihre Kritik galt in diesen Jahren insbesondere auch der feministischen Bewegung, die »das Konzept Frau ausschließlich Weiß gedacht und auch vertreten« (ebd., S. 29) hätte und ebenfalls beginnen müsste, das eigene Weiß-Sein und all die damit verbundenen Privilegien zu hinterfragen (vgl. dazu auch...