Thema: Brexit
Drei Statements: Niemand ist mutig genug, Stopp zu rufen
von Robert Icke
Erschienen in: Theater der Zeit: Bye, Bye, Europe (02/2019)
Ich schäme mich momentan dafür, Brite zu sein. Der Brexit ist eine populistische Bewegung, vergleichbar mit all jenen, die wir in den vergangenen Jahren auf dem Kontinent haben emporschießen sehen. Die Zutaten sind zumeist dieselben: Grenzschließungen; Angst vor Immigration, die von Opportunisten angestachelt wird; eine legitime, aber fehlgeleitete Wut sowie die Auflösung der Rhetorik in Zorn (rechts) und Empörung (links). Die Welt scheint sich zu spalten, wo sie sich vor siebzig Jahren vereinte.
Was den Brexit so ungewöhnlich und zerstörerisch macht, ist der absolute Charakter dieser Spaltungen: In Großbritannien hat sich eine scharfe Grenze gebildet zwischen denen, die in der EU bleiben, und denen, die gehen wollen. Es gibt keine Mitte. Ein politisches System, senkrecht gespalten in links und rechts, ist erneut gespalten worden, diesmal waagerecht, in remain und leave. Der zweiteilige Staatskörper wurde in vier Teile zerhackt. Alte Bündnisse und Parteitreue scheinen entweder zu zerbröckeln oder extremer zu werden. Hat ein linker Remainer jetzt mehr mit einem linken Leaver oder mit einem rechten Remainer gemeinsam? Niemand scheint es zu wissen. Wirft der Brexit Prinzipien über den Haufen? Offensichtlich.
Theresa May, die für remain geworben hatte, führt nun eine Pro-Brexit-Regierung, und Jeremy Corbyn, der leave präferierte, soll dafür zuständig...