Theater der Zeit

Essay

Ohne Antwort

Der Horror der Wiederholung und dessen Erwiderung in einem Theater der Dinge

Inspiriert von der performativen Kraft der Wiederholung widmet sich die Theaterwissenschaftlerin Johanna Zorn in ihrem Text Produktionen von Jürgen Gerz, Milo Rau und Tim Etchells. Die Stimme wird dort als zentrales Medium eingesetzt. Das Rufen wird bis an die Grenze der Erschöpfung geführt und die Wahrnehmung des Publikums herausgefordert. Im Diskurs um das Reenactment analysiert Zorn für double, wie die Wiederholung als künstlerisches Mittel neue Bedeutungen schafft und dazu genutzt wird, Vergangenes neu zu interpretieren und zugleich die Grenzen von Körper, Stimme und Erzählung auslotet.

von Johanna Zorn

Erschienen in: double 50: Same, same but different – Reenactment im Figurentheater (11/2024)

Assoziationen: Puppen-, Figuren- & Objekttheater

Jochen Gerz, Rufen bis zur Erschöpfung, 1972
Jochen Gerz, Rufen bis zur Erschöpfung, 1972Foto: Screen shot: VG Bild-Kunst

„Hallo!“ – nur dieses eine Wort ruft der Konzeptkünstler Jürgen Gerz in seiner Videoperformance Rufen bis zur Erschöpfung (1972) wieder und wieder. In einer einzigen Einstellung hält die Kamera über die Dauer von knapp zwanzig Minuten eine Szene von existentieller Dringlichkeit in Schwarzweiß fest: Auf einem kargen Schotterfeld vor dicht bewölktem Himmel fleht der Künstler rufend um Resonanz, indem er dasselbe Wörtchen unablässig wiederholt. Sein Rufen lässt er in dieser stilisierten Wüste der Abwesenheit in kurzen Pausen manchmal für einen Moment nachklingen, moduliert seine Stimme, probiert unterschiedliche Betonungen. Der anfangs noch volle Klang geht allerdings zunehmend in ein Kreischen über, das sich dem Kraftverlust nur noch mit der Beharrlichkeit seines unablässigen Herausschreiens entgegenstemmt. Die schwindende Energie versucht Gerz dabei offensichtlich auch aus dem Körper zu holen. Er wirft die Arme in die Luft, winkt, geht in die Knie oder fügt seine Hände zu einem Trichter vor den Mund, um seinem Appell Nachdruck zu verleihen. Der Protagonist kämpft stimmlich nicht nur gegen die Abwesenheit eines hörenden Gegenübers an, sondern riskiert, von diffusem Motorenlärm und dem Geräusch des Windes akustisch dezentriert zu werden. Sein Bitten findet in dieser Umwelt kein Gehör, das Rufen treibt der titelgebenden Erschöpfung entgegen, die Wiederholung löscht sich...

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