„Hallo!“ – nur dieses eine Wort ruft der Konzeptkünstler Jürgen Gerz in seiner Videoperformance Rufen bis zur Erschöpfung (1972) wieder und wieder. In einer einzigen Einstellung hält die Kamera über die Dauer von knapp zwanzig Minuten eine Szene von existentieller Dringlichkeit in Schwarzweiß fest: Auf einem kargen Schotterfeld vor dicht bewölktem Himmel fleht der Künstler rufend um Resonanz, indem er dasselbe Wörtchen unablässig wiederholt. Sein Rufen lässt er in dieser stilisierten Wüste der Abwesenheit in kurzen Pausen manchmal für einen Moment nachklingen, moduliert seine Stimme, probiert unterschiedliche Betonungen. Der anfangs noch volle Klang geht allerdings zunehmend in ein Kreischen über, das sich dem Kraftverlust nur noch mit der Beharrlichkeit seines unablässigen Herausschreiens entgegenstemmt. Die schwindende Energie versucht Gerz dabei offensichtlich auch aus dem Körper zu holen. Er wirft die Arme in die Luft, winkt, geht in die Knie oder fügt seine Hände zu einem Trichter vor den Mund, um seinem Appell Nachdruck zu verleihen. Der Protagonist kämpft stimmlich nicht nur gegen die Abwesenheit eines hörenden Gegenübers an, sondern riskiert, von diffusem Motorenlärm und dem Geräusch des Windes akustisch dezentriert zu werden. Sein Bitten findet in dieser Umwelt kein Gehör, das Rufen treibt der titelgebenden Erschöpfung entgegen, die Wiederholung löscht sich...