Entwurfsprojekte: Vernetzungen von Praxis und Theorie
von Miriam Dreysse
Erschienen in: Lektionen 6: Kostümbild (06/2016)
Der Beruf des Kostümbildners gilt nach wie vor als ein diskursiv wenig qualifizierter, und selbst die künstlerische Qualifikation ist in der öffentlichen Wahrnehmung keine Selbstverständlichkeit. Dies hängt unter anderem damit zusammen, dass das Kostümbild mit den textilen Berufen assoziiert wird, die traditionell weibliche Berufe sind; eine Geschlechtsspezifik, die sich bereits im Mittelalter mit der Herausbildung der freien Handwerksberufe entwickelte.
In der Kritik wie auch in der Theaterwissenschaft wird das Kostümbild, wenn überhaupt, eher am Rande rezipiert, und meist nur, wenn es ganz offensichtlich eine eigenständige Bedeutungsdimension oder Formsprache generiert. Auch dies, so ist zu vermuten, hängt mit der weiblichen Codierung des Fachs zusammen, die es lange Zeit von den Vorstellungen künstlerischen Schöpfertums, das traditionell männlich codiert ist, ausschloss. Da das deutschsprachige Theater noch bis ins 21. Jahrhundert hinein vornehmlich männlich dominiert war, sind die Auswirkungen dieser Geschlechtsspezifik im Fall des Kostümbilds bis heute spürbar.
Zudem stellt die Diversifizierung der Theaterlandschaft, der ästhetischen Mittel und der Art und Weisen, wie Theater gemacht wird, Kostümbildner vor immer wieder neue Herausforderungen. Theater findet nicht mehr selbstverständlich auf einer Bühne vor einem stillsitzenden Publikum statt, die Grenzen zwischen den verschiedenen Künsten sind fließend geworden, und längst sind es nicht immer professionelle Schauspieler, die auf...