Zum Auftakt zeigt die Kamera vier Streicher hinter Gittern. Sie spielen den ersten Satz aus Beethovens Streichquartett Nr. 1 in F-Dur. Die Inszenierung, so der musikalische Leiter Simon Rössler, Schlagzeuger bei den Berliner Philharmonikern, favorisiere die „hybride Form“, also das Zusammenspiel von Oper, Melodram und Konzert. Und darum wird auch nicht der ganze „Fidelio“ von 1805 hier aufgeführt, sondern Motive daraus in einem musikalischen Beethoven-Arrangement samt einer gewagten Collage aus Fremdtexten von Jean Genet, Rolf Hochhuth, Rudolf Leonhard, Peter Weiss bis Heiner Müller. Dramaturg der Produktion ist Hans-Dieter Schütt.
Die Klänge Beethovens in der leer stehenden Teilanstalt 3 der JVA Tegel in Berlin erzeugen einen geradezu schreienden Kontrast zu diesem tristen Ort. Die musikalische Verlaufslinie erreicht, nach einzelnen Arien aus „Fidelio“, der Mondscheinsonate, Passagen aus der 3. und 5. Sinfonie, schließlich den Schlusschor der 9. Sinfonie, mit dem Text von Schillers „Ode an die Freude“. Von allem zu viel? Kann man in diesem Falle nicht sagen. Eher eine Neuschöpfung aus dem Genius Loci. Es ist die zweite Zusammenarbeit von aufBruch mit den Berliner Philharmonikern, erzählt die Produktionsleiterin Sibylle Arndt. Deren Education-Programm ermöglichte bereits die „Parsifal“-Inszenierung vor zwei Jahren, ebenfalls in der JVA Tegel.
In Coronazeiten, in denen der isolierte Zuschauer...