Dramatische Gestaltung
Quelle 5
von Erving Goffman
Erschienen in: Lektionen 3: Schauspielen Theorie (12/2010)
Assoziationen: Regie Dramaturgie Schauspiel
Vor anderen durchsetzt der Einzelne gewöhnlich seine Tätigkeit mit Hinweisen, die bühnenwirksam ihn bestätigende Tatsachen illustrieren und beleuchten, welche sonst unbemerkt oder undeutlich bleiben könnten. Denn wenn die Tätigkeit des Einzelnen Bedeutung für andere gewinnen soll, muß er sie so gestalten, daß sie während der Interaktion das ausdrückt, was er mitteilen will. Es kann in der Tat vorkommen, daß von dem Darsteller Beweise seiner Fähigkeiten nicht nur im gesamten Verlauf der Interaktion, sondern auch innerhalb eines Sekundenbruchteils verlangt werden. Wenn etwa der Schiedsrichter beim Baseballspiel den Eindruck erwecken will, er sei sicher in seinen Entscheidungen, so muß er auf den Augenblick der Reflexion verzichten, der ihm gerade die Sicherheit geben könnte. Er muß sofort eine Entscheidung fällen, damit das Publikum sicher sein kann, daß sein Urteil richtig ist.
Dazu ist anzumerken, daß die Gestaltung bestimmter Rollen deshalb kein Problem bietet, weil einige der Handlungen, die für die Erfüllung der Hauptaufgabe der Rolle unbedingt nötig sind, gleichzeitig unter dem Aspekt der Kommunikation vorzüglich dazu geeignet sind, die von dem Darsteller beanspruchten Eigenschaften und Fähigkeiten sichtbar zu machen. Die Rollen des Preisboxers, des Chirurgen, des Violinisten und des Polizisten sind gute Beispiele dafür. Diese Tätigkeiten erlauben ein solches Maß an dramatischem Ausdruck,...