Eisberge in Bewegung, technisches Versagen bei Großprojekten, bedrohliches Klima, grassierende Untergangsvisionen. Zum aktuellen Diskurs über Natur, Kapital, Fake-News und Technik passt ein altes Stück wie neu geschrieben, sowohl inhaltlich als auch formal. Hans Magnus Enzensberger verfasste seine Textfläche „Der Untergang der Titanic“ 1978. Er nannte das Werk eine Komödie in 33 Gesängen. Zwei Jahre später, 1980, machte George Tabori in München daraus einen Theaterabend zwischen Lyrik, Prosa und Drama. Jetzt entdeckt das Mülheimer Theater an der Ruhr das Stück neu und bringt es in guter Tradition seines politisch-philosophischen Anspruchs heraus.
Das Publikum tappt zunächst im Düstern. Man muss sich durch den spärlich beleuchteten Zuschauerraum tasten bis auf die Bühne. Dort sitzt man auf einem drehbaren Podest, geeignet für maximal 65 Zuschauer. Zu Vorstellungsbeginn wird der Raum weiter abgedunkelt. Man hört Gerumpel wie auf einem Dampfschiff, dazu klimpert ein Klavierspieler gefällige Dinner-Musik. Mit Megafon meldet sich der Dichter des Stückes (Rupert J. Seidl). Er lebt gerade in der kubanischen Hauptstadt Havanna und bemerkt, dass seine Hoffnung auf einen zukunftsweisenden Sozialismus an realen Mangelerscheinungen zerbröckelt. Sein Bedauern darüber bekämpft er mit Schreiben: „Und also sitze ich hier und amüsiere mich mit dem Untergang, dem Untergang der Titanic.“
Dann gehen alle Lichter aus....