Jeder Mensch macht Erfahrungen. Es gibt also viele Erfahrungen, und sie häufen sich. Man nennt sie manchmal einen „Erfahrungsschatz“, obwohl der auch ein Misthaufen sein kann. Schatz oder Mist – beides bereichert als Erfahrung! Für seine Erfahrungen schuf sich der Mensch eine besondere Sprache, einen bildlichen, sprichwörtlichen, zuweilen dichterischen Ausdruck.

Erfahrung macht den Meister.

Erfahrung macht klug.

Wer’s versucht, wird’s erfahren.

Böses erfährt man früh genug.

Das Leben hat ihn in die Ecke gestellt.

Er hat seine fünf Sinne nicht beisammen.

Das Leben hat ihn gebeutelt, jetzt ist er im Aufwind.

Man lebt nur einmal. Leben und leben lassen.

Man muss das Leben nehmen, wie es kommt.

Reiß dich zusammen!

Ist das nicht die Literatur der Wirklichkeit? Die ganz reale Prosa und Poesie des Lebens? Nennen wir es nicht „Lebensweisheit“. Erfahrungen machen selten klüger, geschweige denn weiser. Die meisten Menschen sind eher froh, ihre Erfahrungen einigermaßen unbeschadet überstanden zu haben, und wenige davon sogar glücklich. Aber eines bewegt sie doch, nämlich wenn sie bei einem anderen wiederfinden, was mit ihnen schon passiert ist. Aus diesem Wiedererkennen entstanden dann die Zeichen und Formeln, bildhafte Sätze und bezeichnende Gesten, verdichtete knappe Ausdrücke für Umstände, in denen sich schon mal jeder befunden hat....