Funktion der darstellenden Künste in der kommenden Gesellschaft
von Wolfgang Engler
Erschienen in: Recherchen 105: Wie? Wofür? Wie weiter? – Ausbildung für das Theater von morgen (03/2014)
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Ich muss von Hybris befallen gewesen sein – das war mein Eindruck, als ich mir in Vorbereitung auf den heutigen Abend kürzlich das Thema vornahm, zu dem ich sprechen soll. Es war mir vorgeschlagen worden und ich hatte – naiverweise – zugestimmt: die darstellenden Künste, die kommende Gesellschaft, du liebe Güte. Kaum jemand überschaut das Ensemble der darstellenden Künste hier und heute, kaum jemand wüsste auch nur halbwegs verlässlich darzutun, welche der in diesem Feld vorfindlichen Praktiken und Bestrebungen eine Zukunft haben, niemand lebt in dem, was erst noch „kommt“.
Was also tun, um mich aus der Affäre zu ziehen? Vielleicht mehr Zeit, als bereits beansprucht, darauf verwenden, Abbitte zu leisten? Nur täte das rein gar nichts zur Sache und hieße, meine Zeit zu füllen, indem ich Ihre verschwende. Ich könnte stattdessen, und dafür habe ich mich entschieden, die Schwierigkeiten, dem mir zugefallenen Thema gerecht zu werden, zum prominenten Gegenstand meines Vortrags erklären. Um mit der Zukunft, dem, was uns bevorsteht, zu beginnen und mich sogleich zu wiederholen: Niemand lebt darin, also auch wir nicht, und wenn ich „wir“ sage, dann meine ich ganz allgemein Menschen in Gesellschaften wie der unseren und im besonderen Menschen in unserer, der...