Kommentar
Bösartige Schildbürgerei
Das Rostocker Volkstheater soll nun plötzlich Opernhaus werden
Erschienen in: Theater der Zeit: Wo ist Wir? – Armin Petras in Stuttgart (03/2016)
Assoziationen: Debatte Volkstheater Rostock
Einst nannte man Rostock das Bayreuth des Nordens. Das war noch vor 1900, als die Wagner-Sänger probesingend die Ostsee entdeckten. Inzwischen ist die Ostsee hinreichend entdeckt – aber das einstige Bayreuth des Nordens scheint längst vergessen. Mit dem Argument, dass Rostock auch eine Operntradition besitzt, hat Volkstheater-Intendant Sewan Latchinian, wie kein Zweiter in Rostock, für den Erhalt der Sparten Oper und Tanz gestritten. Denn von solch gegenseitigen Verstärkereffekten lebt ein modernes Vierspartenhaus.
Nun aber hat Rostocks Oberbürgermeister Roland Methling, der im vergangenen Jahr mit herrischer Geste Latchinian wegen seines nicht aufhörenden Beharrens auf der Musiktheatersparte den Stuhl vor die Tür stellte und ihn dann, auf Beschluss der Bürgerschaft und nach heftigen Bürgerprotesten, kleinlaut wieder hereinholen musste, den ultimativen Irrsinns-Coup gelandet: Das Volkstheater soll Opernhaus werden, das Schauspiel wird ab 2018 eingestellt. Welch bösartige Schildbürgerei! Warum aber will er die lange Schauspieltradition des Volkstheaters handstreichartig beenden? Weil dies der einzige Weg sei, so Methling, „hochwertiges Theater und einen Neubau auf Kurs zu halten“. Wie verlogen geht es eigentlich zu in einer Stadt, deren Oberhaupt erklärt, man müsse das Schauspiel schließen, um es „hochwertig“ zu erhalten? Wo es dann doch gar nicht mehr existiert?
Am 18. Dezember 2015 deutete sich das neuerliche...