Das Dach bürgerlicher Wohlanständigkeit. Es hat schon vor Beginn der Inszenierung die vier Insassen beerdigt: Emmi und Edgar, Helga und Hermann. Begraben unter roten, akkurat geschichteten Ziegeln. Ein beinahe retrospektiver Beginn? Wenn das Saallicht erlischt, wird dieser Dachstuhl hochgezogen. Die vier Bewohner wachsen mit, gehen in Position. Genau auf der scharfkantigen Schattenlinie des Daches richten sie sich auf zum stolzen Fundament, ordnen sich rechtwinklig an. Schreiten stumm die imaginäre Grenze von Drinnen und Draußen, Privatem und Beruflichem ab: ihre Spielfläche.
Johanna Wehners artifizieller Inszenierungsbeginn provoziert Gleichzeitigkeiten. Privater und beruflicher Diskurs überlagern sich, die Ehe wird von den Zwängen einer fordernden Arbeitswelt dominiert: „Die Firma regiert mir ins Bett“, beklagt sich Edgar, weil Partnerin Emmi ihre beruflichen Anstrengungen und Ambitionen vorschiebt, um abends nicht sexuell aktiv werden zu müssen.
Das Theater Freiburg, seit Jahren schon Spezialist für Kapitalismusrecherche, hat es bei Kroetz’ Vorlage leicht, da die Provokation des Textes gerade darin liegt, über die sprachliche Entgleisung im nur scheinbar privaten Gespräch arbeitsspezifische Deformationen offenzulegen. Was sich bei Kroetz allerdings wie ein vergeblicher Kampf patriarchalischer Machtbehauptung liest, ist in der Freiburger Inszenierung längst im selbstverständlichen Behaupten des Marktmechanismus jenseits aller Genderaspekte angekommen. Der Götze Kapital verlangt immer Recht: Sei es, dass er...