Das demokratische Paradox als Gegensatz von rechtem und liberalem Populismus
von Bernd Stegemann
Erschienen in: Das Gespenst des Populismus – Ein Essay zur politischen Dramaturgie (01/2017)
Der soziale Zusammenhalt schwindet, der Abstand zwischen reich und arm ist so groß wie noch nie und die Macht der Regierenden scheint für die Rufe der Armen so taub zu sein, wie sie ohnmächtig wirkt gegenüber der Herrschaft der Reichen. Die Grundfrage der liberalen Demokratie stellt sich mit neuer Dringlichkeit: Gilt das Recht des Demos, der durch Wahlen seiner Stimme die Kraft zur Regierung verleiht, oder gilt das Recht des Liberalismus, das den Staat durch Gesetze und unveräußerliche Rechte der Person und des Eigentums regiert?10
In der Geburtsstunde der westdeutschen Demokratie 1949 wurde ihr eine deutliche Tendenz zur Schwächung des Volkswillens und zur Stärkung der liberalen Rechte eingeschrieben. Die Erfahrung des Faschismus ließ, wollte man das deutsche Volk überhaupt wieder souverän werden lassen, keine andere Wahl. Der starke Liberalismus beschränkte sich jedoch nicht auf den Bereich der Menschenwürde, sondern hatte eine ebenso starke Tendenz zum ökonomischen Liberalismus. Deutschland wurde zum Musterschüler der Marktwirtschaft.11
Die Geschichte der neoliberalen Revolution ist inzwischen bekannt und doch ist die Schnelligkeit und Radikalität, mit der diese Ideologie global durchgesetzt wurde, noch immer ein Rätsel. Ihre theoretischen Anfänge liegen in den 1940er Jahren und ihre praktische Durchsetzung begann in den 1970er Jahren, als der...