In einem Netz von Zündschnüren sind die zwei Akteure in Carly Wijs’ Tanztheater „Wir/ Die“ gefangen. Verzweifelt versucht die junge Frau, sich von einem Sprengkörper zu befreien. Ihr Sprung in die Freiheit gelingt, jedenfalls auf der Bühne. In der Produktion für das Brüsseler Kinderkunsthaus Bronks erzählt Regisseurin Wijs in anschaulichen Bildern, wie unterschiedlich Kinder und Erwachsene ihre Angst vor Gewalt und Krieg verarbeiten. Sensibel denken sich die Künstler mit leidenschaftlichem Körpertheater in die Psyche von Menschen in Extremsituationen hinein. Ausgangspunkt ist ein realer Akt des Terrors – die Geiselnahme von 1200 Kindern, ihren Eltern und Lehrern am 1. September 2004 im Kaukasus. Plötzlich war für die unbeschwerten Jungen und Mädchen nichts mehr so, wie es gewesen war.
Diesen Kampf um die nackte Existenz übertragen die Künstler in eine packende Choreografie. „Wir/Die“ ist eine der Produktionen, die beim biennalen Festival Schöne Aussicht des Jungen Ensembles Stuttgart (JES) zu sehen war. Für Regisseurin Wijs, die im Brüsseler Stadtteil Molenbeek lebt, ist der islamistische Terror mitten in Europa sehr nah. In ihrer Nachbarschaft sind Männer verhaftet worden, die an den Anschlägen in Paris beteiligt waren. „Wir wollen euch einen Weg zeigen, mit der alltäglichen Furcht umzugehen“, sagte die Schauspielerin Gytha Parmentier im Gespräch...