2. Theater auf/teilen – Theaterarbeit aus theaterpraktischer Perspektive
von Yana Prinsloo
Erschienen in: Recherchen 175: Theaterarbeit – Praktiken der Freien Szene (08/2025)
Als öffentliches Ereignis mit einem thematischen Schwerpunkt sind Theaterfestivals vieles zugleich: repräsentative Plattformen für Theaterpraktiker*innen, ein Event für lokale und internationale Zuschauer*innen, Vermittlungsbörse, Treffpunkt für die international vernetzte Szene, Konglomerat von Kooperationspartner*innen und Sponsor*innen sowie ein Ort des Feierns. Sie können die Funktion eines Sammelbeckens für diverse künstlerische Formate haben, die aufgrund ihres Umfangs, ihrer Intimität oder Exklusivität im täglichen Betrieb der Stadt- und Staatstheater und der Freien Produktionshäuser nicht umgesetzt werden (können).
Theaterfestivals bedienen zwei diametral gegensätzliche Zeitlichkeiten: eine kurzweilige und fokussierte Temporalität aufgrund ihres begrenzten Zeitrahmens und eine Langzeitwirkung, da sie ein integraler Bestandteil einer historischen Tradition der deutschen Theaterlandschaft sind. Sie sind ein temporärer »Möglichkeitsraum«92 sowie ein etabliertes »Organisationsmodell«.93 Theaterfestivals können daher keiner allgemeingültigen Definition untergeordnet werden. Als koproduzierende Arbeitspraktik zwischen den beteiligten Institutionen und Akteur*innen lässt sich nach 1968 deutlich nachvollziehen, so Nicola Scherer und Jennifer Elfert, dass die Relevanz von Theaterfestivals ein Ausdruck des Professionalisierungswillens der Freien Szene ist. Als Plattformen, welche gleichzeitig spezifische Parameter der Innovation, Internationalität, Repräsentation und Flexibilität abrufen, bestimmen Theaterfestivals seit den 1990er-Jahren den projektorientierten und räumlich-örtlich flexiblen Arbeitsmodus der Freien Szene mit. Seit der deutschen Wiedervereinigung seien die Theaterfestivals laut Elfert die eigentlichen Impulsgeber der Szene.94 Auf...