Bericht
Radialsystem Berlin: „Let’s create this ocean together“
Von Venus, Octavia, Ada und ihren nicht-menschlichen Gefährt:innen
von Theresa Schütz
Erschienen in: Theater der Zeit: Neue Dramatik (03/2023)
Assoziationen: Performance Künstlerhaus Mousonturm Radialsystem V
„*RESET* – ein feministischer Tauchgang“ ist nach „</A „Manifesto“ of={every} One.s Own>“, das im Frühjahr 2022 im Ballhaus Ost Premiere hatte, die zweite Arbeit von Swoosh Lieu in Berlin; eine Koproduktion von Radialsystem und dem Künstler*innenhaus Mousonturm Frankfurt, mit dem das queerfeministische Kollektiv seit 2012 regelmäßig kollaboriert.
Als Teil eines 25-körprigen Publikumsschwarms, versehen mit Kopfhörer:innen und wasserfester Tragetasche für Audio-Empfänger:innen, betrete ich nach kurzer Fahrstuhlfahrt-Illusion auf Ebene (20)42 das angekündigte „Mu/Sea/Um“, einen Ort geteilter, feministischer Spekulation(en). Hier befinden sich nicht nur zwei deckenhohe Netze, in die mehrere Exponate in runden Vitrinen eingelassen sind, sowie eine Schaumlandschaft, auf der sich verschiedene Dinge versammeln, sondern auch mehrere Beamer:innen, über achtzig Scheinwerfer:innen, etliche Kilometer Kabel, LED-Band und vieles mehr. Sie sind die nicht-menschlichen Aktant:innen, denen im Theater üblicherweise viel zu selten die gebührende Aufmerksamkeit zuteilwird. Anders bei Swoosh Lieu: Wie in ihren meisten Produktionen agieren Johanna Castell, Katharina Pelosi und Rosa Wernecke als Operatorinnen offstage und überlassen dem Ensemble der vielgestaltigen Technologien ihre großen Auftritte.
Der erste Teil der Mu/Sea/Ums-Führung widmet sich mit Referenz auf die Aktivistinnengruppe Guerilla Girls feministischer Institutionenkritik: Die animierte Venusfigur in Botticellis „Geburt der Venus“-Projektion hält uns vor Augen, einer von (viel zu) vielen üblicherweise nackten, weiblich gelesenen Körpern...