Erhob sich ein Schwarm Wandertauben, um einen Nistplatz zu finden, verdunkelte er oft tagelang die Sonne. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wird von Milliarden Tieren berichtet, die als dunkle Masse den Himmel bevölkerten. Um einen Vogel zu erlegen, schossen die Jäger einfach in die Luft. Sie trafen immer. Etwa hundert Jahre später stirbt Martha, die letzte Wandertaube, im Zoo von Cincinnati. Die europäische Kolonisation führte zum Aussterben der damals größten Vogelpopulation Nordamerikas. Maßlos erlegt für Fleisch und Federn verschwand sie mit dem Vorrücken der Siedler. Von ihr bleibt, wie von allen vernichteten Arten, nur das menschliche Zeugnis. Präparate, Zeichnungen und ihr Name konservieren den besitzergreifenden Blick, der den einzigen Bezugspunkt der Erinnerung bildet.
Wie soll Trauer aussehen, wenn das Verlorene nie gekannt und Ersatz unmöglich ist? Während des Kunstfests in Weimar beschwört ein Lamento die verlorenen Zukünfte der ermordeten Arten und jener, die niemals gewesen sein werden. „Und alle Tiere rufen: Dieser Titel rettet die Welt auch nicht mehr“ von Schriftsteller und Dramatiker Thomas Köck ist zugleich Klage und Anklage, die sich gegen den alles vereinnahmenden Europäer richtet. Regisseurin Marie Bues entscheidet sich in der Uraufführung des repetitiven Texts gegen Spiel und Spektakel. Mit dem Zettel in der Hand sprechen...