Damit das schon mal klar ist: „Ich bin nicht Lou Andreas-Salomé“, verkündet die junge Frau, die als schwarz gekleidete Lichtgestalt aus den Kulissen tritt. „Ich auch nicht.“ – „Ich auch nicht.“ – „Ich auch nicht“, sagen reihum zwei Männer und eine Frau, die sich neben ihr aufgestellt haben. Nur ein weiterer Mann, wie alle fünf im strengen Witwengewand, sagt nichts und lacht hysterisch. Auch eine Antwort.
Schlicht „Lou Andreas-Salomé“ hat die Berliner Dramatikerin Tine Rahel Völcker den Dreiakter genannt, den sie im Auftrag des Deutschen Theaters Göttingen einer der wohl spannendsten Frauenfiguren des Fin de Siècle gewidmet hat. Der Beginn ist Absicherung – niemand soll glauben, dass hier historisch korrekt eine Lebensgeschichte erzählt wird – und Standortbestimmung zugleich: So eigensinnig, so vielschichtig, so interpretationsoffen war diese Lou Andreas-Salomé, dass sie auch auf der Bühne nicht in ein Rollenkorsett gezwängt werden soll. Alle fünf Schauspielerinnen und Schauspieler sind sie ein bisschen, aber niemand ganz.
Geboren 1867 in Sankt Petersburg, gestorben 1937 in Göttingen, hat die Generalstochter ihre Zeitgenossen, insbesondere die männlichen, verstört und fasziniert zugleich. Sie war Femme fatale und Freidenkerin, verfasste zahlreiche Essays, Gedichte und Romane, rebellierte gegen Klischees und Konventionen. An Ehe und romantischer Liebe ließ sie kein gutes...