Theater der Zeit

Kartografie und Konzeption der Theaterlandschaft neu denken

Ein Plädoyer für die Provinz

von Wolfgang Schneider

Erschienen in: Recherchen 146: Theater in der Provinz – Künstlerische Vielfalt und kulturelle Teilhabe als Programm (05/2019)

Es war im Frühjahr 2018, als das Institut für Kulturpolitik der Universität Hildesheim zusammen mit dem Landestheater Schwaben in Memmingen zur Auseinandersetzung eingeladen hatte. Es ging um „Theater in der Provinz“, um kulturelle Landarbeit, aber auch um künstlerische Kooperationen jenseits der Metropolen. Diskutiert wurde über strukturelle Defizite in den Dörfern, über demografische Entwicklungen in den Regionen, über eine Theaterlandschaft, die – zumindest, was die öffentliche Förderung betrifft – in den großen Städten zu lokalisieren ist. Was liegt also näher, als sich mit der Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse zu beschäftigen? Wenn denn die Vielfalt der kulturellen Ausdrucksformen ein Völkerrecht ist, was heißt das dann für deren Schutz und Förderung in ruralen Räumen? Und wenn Teilnahme und Teilhabe in der Kultur für alle möglich sein sollen, was braucht es für eine Theaterentwicklungsplanung, die die gesamte Bevölkerung, wo auch immer sie lebt, berücksichtigt?

Sven Scherz-Schade: Um vorab Missverständnisse zu klären: Ab wann beginnt denn nach kulturwissenschaftlichen Maßstäben die Provinz? Wie klein muss eine Kommune mit Spielort sein, damit sie für Sie im Rahmen der Debatte ums Theater in der Provinz als Untersuchungsgegenstand relevant wird?

Wolfgang Schneider: Im antiken Rom ging es darum, territoriale Einheiten außerhalb der italienischen Gebiete zu definieren. Davon stammt der Begriff...

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