Motiviert durch die öffentliche Resonanz, die der erste Band von „Literatur ohne Land?“ (2009) ausgelöst hatte, entwickelten die Herausgeberinnen Mirjam Meuser und Janine Ludwig ihren zweiten Band anhand einer zweifachen These, die das vormalige Ansinnen konsequent erweitert und vertieft. So soll zum einen „einem Teil der vielen Autoren Beachtung widerfahren, die der letzte Band aus Gründen der Beschränkung unberücksichtigt lassen musste, und dadurch ein relatives Gleichgewicht zwischen den Vertretern der einzelnen Generationen hergestellt werden (…). Zum anderen soll es anhand dieses durch das erweiterte Textkorpus annähernd ‚repräsentative[n] Gesamtbild[es]‘ möglich werden, erste literaturhistorische Aussagen über die Folgen des Einschnitts von 1989 für die Literatur der DDR zu treffen.“
Diesem Anspruch wird dieser Band gerecht. Daher ist völlig unerklärlich, warum die kritische Würdigung, die dem ersten Band widerfuhr, dem zweiten gegenüber bisher ausgeblieben ist. Denn es geht weiterhin um nichts weniger als „eine Literatur, die lebt, von der weiterhin Impulse ausgehen, die aber von der Geschichte deterritorialisiert wurde“, so Frank Raddatz in seiner Rezension in Theater der Zeit (5/2010).
Gewiss, es gibt sie noch, diese Literatur – auch ohne Raum. Zeitlich eingebettet in alltags-, expertenkulturelle, lebensweltliche und identitätsstiftende Problemfelder, an große Kämpfe und Kontroversen des 20. Jahrhunderts erinnernd, die – wie es...