Engagiertes, politisches Theater entsteht dort, wo die wesentlichen Fragen gestellt werden. Sie müssen nicht unmittelbar präsentiert werden, sie müssen aber in dem Prozess des Schaffens eine Rolle gespielt haben. Mich zum Beispiel treibt ein Unbehagen an. Wenn Ereignisse aus dem Fokus der medialen Aufmerksamkeit verschwinden, weil die Medien neue Schlagzeilen produzieren müssen, habe ich als Künstler das Privileg der Wiedervorlage – versehen mit meinen Fragen. Aus dem Unbehagen entstehen Fragen, und aus der Recherche entsteht Material, und dann muss man eine spezifische, vom Medium abhängige künstlerische Form finden. Aber zuerst ist die Notwendigkeit vorhanden, sich mit Dingen eingehend zu beschäftigen, Dingen, die meist nicht (mehr) im Fokus eines medialen Interesses stehen.
So war das für mich bei der Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus in meinem Stück „Der Kick“ über den Mord an einem 16-Jährigen durch drei Neonazis in Brandenburg. Ich habe mit meiner Arbeit zwei Jahre nach dem Prozess begonnen. Die Erregung, die Empörung und die Fassungslosigkeit waren verschwunden, und das gab mir die Möglichkeit, jenseits davon Strukturen sichtbar zu machen – politische, historische, ökonomische und auch individuelle Strukturen, die zu dieser Tat geführt haben. So die Besitzverhältnisse: Welche Rolle hat in dem Dorf ein Investor gespielt? Der ist zwar nicht für...