Theater der Zeit

Auftritt

Konstanz: Wie viel wiegt eine Lüge?

Theater Konstanz: „Eine Art Liebeserklärung“ von Neil LaBute, Regie Oliver Vorwerk; „Warten auf Godot“ von Samuel Beckett. Regie Christoph Nix

von Bodo Blitz

Erschienen in: Theater der Zeit: Feier des Absurden – Nürnbergs neuer Schauspielchef Jan Philipp Gloger (12/2018)

Assoziationen: Theater Konstanz

„Vom Glück des Stolperns“ lautet das aktuelle Spielzeitmotto in Konstanz. Intendant Christoph Nix und sein Team lenken den Blick selbstbewusst auf das künstlerische Potenzial jeglichen Scheiterns. Der gewählte thematische Fokus ist klug gewählt: Nur die Kunst, vornehmlich das Theater, leuchtet Fallhöhe strahlend aus.

Neil LaBute ist ein Meister, wenn es um die dramatische Gestaltung abrupter Wendungen geht. Sein Monolog „Eine Art Liebeserklärung“ verbindet zwei bei ihm häufige Themen, die der Lüge und der Sexualität. Faye, verheiratete Lehrerin, hat ihren Mann betrogen und einen ihrer Schüler verführt. Regisseur Oliver Vorwerk widersteht der Versuchung, diesen Monolog auf voyeuristische Weise zum Publikum hin zu öffnen. Anne Simmering in der Rolle Fayes hat die anspruchsvolle Aufgabe, den Text fast durchgängig intim zu sprechen. Führt sie ein Selbstgespräch? Spielt sich die Narration ausschließlich in ihrem Kopf ab? Die Inszenierung beginnt als Stillleben: Religiöse Symbole, Kelch und Kreuz, sind, per Kamera abgefilmt, auf einer gerahmten Projektionsfläche zu sehen. Fayes Bericht ihrer Lebenslüge gewinnt so Züge einer Beichte. Die Konstanzer Inszenierung nimmt das Paradox ernst, dass Fayes Lüge in ihrer Ungeheuerlichkeit unerzählbar bleibt – sie sich aber dennoch ihre Geschichte von der Seele redet. Simmering meistert diesen Balanceakt grandios.

Anfangs ist sie im Korsett eines Schlangenkostüms gefangen...

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