Kleider machen Leute oder Kostüm und Bewegung
von Horst Hawemann
Erschienen in: Recherchen 108: Horst Hawemann – Leben üben – Improvisationen und Notate (03/2014)
Der Darsteller bewegt das Kostüm, und das Kostüm bewegt den Spieler. Er trägt es, was nicht dasselbe ist wie: Er hat es an. Das Tragen weist auf eine Wertschätzung, sicher auch auf eine Notwendigkeit hin. „Er trug einen Anzug“, verweist auf etwas Besonderes, eine Situation. Wenn er einen anhat, ist das etwas weniger Besonderes, vielmehr etwas Nützliches. Das eine erzeugt ein „Aha, Anzug!“, das andere ein „Na und, Anzug.“
Der Anzug verlangt fast immer nach einem beschreibenden Attribut: schwarz, vergammelt, zu weit oder zu eng, festlich, unmodern, geborgt, verklemmt, teuer, dienstlich usw.
Das Gleiche gilt für das Kleid. Doch da kommt noch einiges dazu: schön, erotisch, anschmiegend, durchsichtig, wehend, Sommer, Frühling, auffallend, verrückt, streng, blumig, selbst gemacht, kurz oder lang, kleidsam… Diese Attribute lassen sich in der Regel nicht für den Anzug verwenden. Dafür hat die Frau das Kostüm. Da ist der Anzug wiederzufinden. Er wurde dem Mann weggenommen. Beim Anzug und Kostüm kann man etwas ausziehen, und es bleibt noch etwas Angezogenes übrig. Beim Kleid nur die Unterwäsche. Es gibt also große Unterschiede beim Ausziehen, und die Gründe, es zu tun unterscheiden sich auch sehr.
Die berühmten Jeans sind ein besonders auffälliges Beispiel für die (begrenzte) Bewegung in...