Halle, Weimar, Hamburg, Frankfurt, München: Überall spielen sie „Schuld und Sühne“. Warum? Weil die Geschichte des begabten, bitterarmen Studenten Raskolnikow, der eine alte Wucherin und deren behinderte Schwester umbringt, in diesen Zeiten wieder extrem brisante politische und philosophische Fragen aufwirft – zu vielen Themen in der Dunkelzone zwischen Widerstand, Amok und Terror. Im Zuge dieser „Schuld und Sühne“-Welle – die Übersetzerin Swetlana Geier bevorzugt den klaren, weniger wolkigen Titel „Verbrechen und Strafe“ – bringt Regisseur Gernot Grünewald den Roman nun auch am Landestheater Tübingen auf die Bühne.
Grünewald hat schon in seinem 2015 für den Faust-Preis nominierten Political „Palmer – Zur Liebe verdammt fürs Schwabenland“ über Helmut Palmer, den 2004 verstorbenen Bürgerrechtler und Vater des heutigen Tübinger Oberbürgermeisters Boris Palmer (Bündnis 90/Die Grünen), Puppen eingesetzt. Bei Dostojewski erprobt er eine weitere Variante in Sachen Distanz und Stilisierung: große, überstülpbare Maskenköpfe. Fünf Schauspieler übernehmen rund 20 Rollen – lesen Romanpassagen am Mikrofon, stellen das Gelesene per Maskenspiel dar, mischen beides und filmen das Ganze.
Dies bringt einige Hektik mit sich. Verstärkt wird dies noch dadurch, dass die Darsteller gefühlte 100 Mal am Abend eine beweglich gelagerte Holzkate im Zentrum der Bühne von Szene zu Szene in eine andere Position drehen. Es...