Magazin
Netzwerker des Welttheaters
Zum Tod des Leipziger Theaterwissenschaftlers Rolf Rohmer
Erschienen in: Theater der Zeit: Abgründe des Alltäglichen – Das Staatstheater Braunschweig (06/2019)
Wenige Wochen nach seinem 89. Geburtstag starb am 22. März in Leipzig Rolf Rohmer. Noch Anfang des Monats hatten wir per Brief und Mail eine Debatte weitergeführt, doch dann schrieb er plötzlich: „Heute, Dienstag, haben mich die Ärzte außer Betrieb gesetzt. Ich sehe nicht ab, wohin das führt und wie lange es dauert. Ich melde mich zu gegebener Zeit wieder …“ Es war ihm nicht möglich. Ein Freund, ein gütiger Mensch war gestorben.
Unser Dialog kreiste um die Themenfamilie Heimat, Patriotismus, Internationalismus, Interkulturalismus. Der letztgenannte Begriff kann als zentrale Kategorie seiner wissenschaftlichen und theaterpolitischen Lebensleistung begriffen werden. Er verstand darunter, wie er mir in einem 18-seitigen engzeiligen Brief schrieb, „eine multivalente Strategie zur Gestaltung und Optimierung der Beziehung(en) zwischen Völkern, Ethnien, Gruppen“. Genau dazu hat er vielfältig beigetragen durch seine Arbeit in den großen internationalen Theaterorganisationen, im ITI, in der SIBMAS, der internationalen Vereinigung der Dokumentationszentren der darstellenden Künste, und vor allem auch als Präsident der IFTR, der Weltorganisation der Theaterforscher. 1981 gelang es ihm, deren 9. Weltkongress nach Leipzig zu holen. Er war einer der Initiatoren und Herausgeber der mehrbändigen Enzyklopädie des zeitgenössischen Welttheaters, stand in enger Verbindung zu Regisseur Fritz Bennewitz, der mit zahlreichen Inszenierungen in Lateinamerika, Südostasien...