„Großvater Muhamed war der freundlichste Mann“, heißt es einmal in „Herkunft“, Saša Stanišićs poetischer und vielschichtiger Befragung seiner Biografie und damit der Geschichte seiner Familie. Und so wie Torsten Bauer in diesem Moment in der blauen Uniform eines jugoslawischen Eisenbahners vor einem steht, glaubt man das sofort. Während er von Muhameds Zeit als Bremser auf der Bahnstrecke zwischen Sarajevo und Višegrad erzählt und berichtet, wie er nach seiner Pensionierung im Jahr 1978 seine Uniform und den dazugehörigen Mantel abgeben wollte, strahlt Torsten Bauer eine überwältigende, ganz natürliche Freundlichkeit aus. In seiner sanften Stimme liegt ein wohlwollendes Lächeln, das sich auch in seinen Augen spiegelt. Doch dann schlägt sein Ton von einem Augenblick auf den anderen um. Er spricht zwar immer noch von Muhameds Freundlichkeit und davon, wie sie während des Krieges in Bosnien höchstwahrscheinlich einem gesamten Hilfskonvoi das Leben gerettet hat. Aber sein Bericht verwandelt sich in ein Schreien, in dem sich Wut und Verzweiflung mischen. Die heitere Stimmung der Szene ist für immer verloren. Was bleibt, ist ein Ausdruck des Schmerzes, der einen bis ins Innerste durchdringt. Muhamed hat die Menschen in seinem Konvoi durch seine Freundlichkeit retten können. Aber wie viele hatten nicht dieses Glück.
Torsten Bauers so...