Die 1980er Jahre
Neue Subjektivität
von Joachim Fiebach
Erschienen in: Welt Theater Geschichte – Eine Kulturgeschichte des Theatralen (05/2015)
Jetzt, in dem (begonnenen) „Stählernen Zeitalter“ konzentrierte man sich, für 1968er-Aktivisten sicherlich ein Rückzug, auf das Lebensweltliche und das Kulturelle als Bereiche, in denen das Indivuum sich völlig frei entfalten und (noch) etwas kritisch-human und solidarisch bewirken kann. Das absolute In-Freiheit-Setzen des Individuums, die Erfüllung seiner Begehren, das Ausleben seiner Wünsche und Lüste erschien jetzt verkürzt als das einzige wesentliche Ziel/der Zweck der Protestbewegung der 1960er Jahre.
1979 nannte Jürgen Habermas in seinen zwei Bänden STICHWORTE ZUR GEISTIGEN SITUATION DER ZEIT eine Reihe von Faktoren für eine „Tendenzwende“. Eine „unverkürzte Rationalität“ behauptend, musterte er kritisch „die neue Prominenz, zu der die ‚Lebenswelt‘, also der Bereich der kommunikativen Alltagspraxis, gelangt“ sei, den „Bedeutungszuwachs der ‚Kultur‘“ als „Vergewisserung von Erfahrungsbereichen und Lebensformen, die von der Dynamik des Wirtschaftswachstums und der Bürokratisierung unterspült, ausgehöhlt und weggeschwemmt zu werden drohen“.229 Umorientierung auf das unmittelbar Lebensweltliche war wie die Konzentration auf den Augenblick, auf das Präsentische in der Performancekunst ein Moment der ironischen Verabschiedung der „Großen Erzählungen“, mit der sich Teile der Intellektuellen nach 1970 postmodernistisch einrichteten.230 Radikalität und „Auftrag“ seien heute verloren, diagnostierte Urs Jaeggi 1979. Die Nachfolgestudenten der 68er-Bewegung seien zwar politisiert, befänden „sich aber auch auf dem...