Es ist die große, jedoch unvollendete Abrechnung mit der Moderne, an der Heiner Müller bis zu seinem Tod 1995 arbeitete: „Germania 3. Gespenster am Toten Mann“. Noch einmal versammeln sich dazu all die Schreckensfiguren und trügerischen Charismatiker des 20. Jahrhunderts auf der Bühne des Theaters Heilbronn: ganz vorneweg Stalin (Rahel Ohm), der nach markigen Wendungen wie „Der Mensch wiegt nicht mehr als seine Akte“ und ohnehin sei er nur „trübes Material“ schließlich bekennt, vor seinem eigenen Schatten Angst zu haben. Kurz darauf erscheint ein karikaturenhaft verzerrter Hitler (Sonja Isemer) mit einem über die Schulter gehängten Kartonpanzer. Während die Diktatoren um ihre Macht ringen, kämpfen andere um ihr Überleben. Die nicht einsehbare Vertiefung am vorderen Rand der Bühne, die auch metaphorisch die Allgegenwart des Abgrunds widerspiegelt, dient mitunter als Schützengraben. Bei herabfallendem Schnee wird dort gehungert und gestorben.
Obgleich das Stück keinerlei durchgehende Handlung bietet, sondern aus lose aneinandergereihten Szenentableaus besteht, gibt der zu Beginn und am Ende auftretende Autor dem Geschehen einen Rahmen. Er, melancholisch rauchend gespielt von Stefan Eichberg, ist das schlechte Gewissen der kriegstreibenden Völker, der unbeirrbare Chronist des Grauens. Zwar reflektiert er die Vergangenheit, ermahnt jedoch zugleich die Gesellschaft der Gegenwart. So klingen die auf zwei Weltkriege...