Die wichtigste Senkrechte im Raum ist der Mensch!
von Horst Hawemann
Erschienen in: Recherchen 108: Horst Hawemann – Leben üben – Improvisationen und Notate (03/2014)
Jeder Bühnenraum grenzt an einen Lebensraum. Die größten Widersprüche können sich in einem gemeinsamen Raum aufhalten. Wird er zerstört, bleibt er doch immer noch der Raum des Täters und des Opfers. Wird er verlassen, ist er immer noch der Raum eines Aufenthaltes. Der Mensch erinnert sich an Räume, die es längst nicht mehr gibt, wenn sie Orte von Ereignissen und Handlungen waren. Der Raum ist nie leer. Ein Raum erzählt immer.
Jeder Raum braucht ein oder mehrere Geheimnisse, die immer wieder Entdeckungen ermöglichen. Der leere Raum muss auch Versteck sein, der gefüllte leer erscheinen. Der Raum hat eine äußere Konstruktion und eine innere. Die eine sieht man, die andere empfindet man.
Der Raum schafft räumliches Denken. Der Raum ist ein gemeinsamer Ort für Schauspieler und Zuschauer. Der Darsteller hat im Raum einen Partner, der ihn nicht nur bedient, der sich auch verweigert, der begrenzt und befreit. Alle Räume haben einen Himmel und einen Boden, auch wenn man das nicht sieht. Alle Räume sind geerdet.