Theater der Zeit

Die andere Szene – zur Einführung

von Stefanie Diekmann

Erschienen in: Recherchen 91: Die andere Szene – Theaterarbeit und Theaterproben im Dokumentarfilm (07/2014)

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Was immer die Filmemacher im Theater suchen: Es ist eine Suche, die mit einiger Beharrlichkeit betrieben wird. Für den Spielfilm gilt das ohnehin, spätestens seit 1909 (A Drunkard’s Reformation) oder 1916 (Das Gespenst im Opernhaus, Fleur de Paris) und dann quer durch die Epochen und Produktionszusammenhänge. Es wäre zu viel, wollte man behaupten, dass das Kino das Theater liebt (wenngleich es oft genug danach aussieht.) Aber man behauptet nicht zu viel, wenn man konstatiert, dass es vom Theater nicht loskommt, immer wieder ins Theater zurückkehrt, wenn auch sehr selten auf die Plätze, die für die Theaterzuschauer vorgesehen sind. Im Theater hält sich das Kino vorzugsweise im Bereich der Backstage oder im Umfeld der Probebühnen auf: dort, wohin der Blick aus dem Auditorium nicht reicht. Sein Ort ist das Off, die andere Szene, sein Sujet die Parallel-, Vor- und Nachgeschichten, die sich zu einer Produktion oder einer Aufführung erzählen lassen.

Wie an vielen Schauplätzen kommt der Dokumentarfilm auch im Theater verspätet an. Was nicht bedeutet, dass er nicht bereits zuvor verschiedene andere Beziehungen zum Theater unterhalten hat (im frühen wie im ganz aktuellen Dokumentarfilm etwa: das Reenactment). Wann und wo die allerersten filmischen Dokumentationen von Theaterarbeit entstehen, ist in diesem Band nicht untersucht worden. Sicher ist, dass sie erst seit den 1960ern häufiger gedreht werden, was auch damit zu tun hat, dass die Filmemacher im Theater einen Ort vorfinden, der nicht für ihre Zwecke eingerichtet ist, sondern für eine andere Inszenierungsarbeit, und dass sie meist nur unter der Bedingung zugelassen werden, diese Arbeit nicht zu stören. (Dass sie es dennoch tun, steht außer Frage; aber auch das Postulat, nicht zu stören, stellt gewisse Ansprüche an die technische Ausrüstung.)

Was sie dann im Theater vorfinden, ist dem Filmstudio oft nicht unähnlich. Der umbaute Raum, das gesetzte Licht, die markierten Handlungs- und Auftrittsorte; Dekor, Kostüme, Requisiten, ein On und ein Off, eingespielte Abläufe und Kompetenzen; die vertrauten Professionen von Regie, Schauspiel, Technik, aber zugleich ein anderer Gebrauch der Zeit und ein anderes Verhältnis zu den Momenten von Prozessualität und Repetition. „Wir kamen pünktlich und doch zu spät“, heißt es zu Beginn von Klaus Wildenhahns Was tun Pina Bausch und ihre Tänzer in Wuppertal? (D 1981), und damit ist auch angedeutet, dass die Zeit des Films nicht die des Theaters ist. Etwas ist bereits vorbei, wenn die Kamera ins Spiel gebracht wird (werden kann), etwas hat stattgefunden oder schon angefangen. Theaterarbeit in den Blick nehmen heißt unter diesen Bedingungen: damit umgehen, dass demselben Blick etwas entgangen ist, und zwar von Anfang an.

Dabei scheinen die Zeichen ganz auf Beobachtung gestellt, genauer: auf die Möglichkeit von Beobachtung, gerade dort, wo Theaterarbeit in Form von Proben stattfindet. Lokal, temporal begrenzt, ist die Probe jene Einrichtung, die der Theaterarbeit Kontur gibt, sie auf einen Schauplatz, in einem Intervall fixiert, in dem sie sich erkunden und erfassen lässt. Allerdings dokumentieren die Filme, die über das Theater gedreht werden, zugleich, dass dieser Schauplatz durchlässig ist, nicht weniger als das Intervall, und dass die Grenzen der Theaterarbeit sogar dort diffus sind, wo ‚Theater‘ dem Dispositiv von Guckkastenbühne, Textinszenierung und Figurendarstellung noch weitgehend entspricht.

Was nicht mehr allzu häufig der Fall ist. Die Orte des Theaters haben sich vervielfältigt, seine Erscheinungsformen und die Konzepte von Auftritt und Schauspiel ohnehin, und was Theater ist (war), ist zu einer Sache der Aushandlung geworden. Die aktuelle Konjunktur von Dokumentationen über Theaterhäuser, -akteure, -kollektive, -proben und -produktionen könnte damit ein Stück weit erklärt sein (inklusive derjenigen Produktionen, die in Angriff genommen werden, „solange es noch ein Theater gibt“). Aber die gegenwärtigen Veränderungen des Theaters erklären nicht, was die Filmemacher dort eigentlich suchen, über die grundsätzliche Möglichkeit der Beobachtung hinaus. Irgendetwas findet der Film am, im Theater, auf der Probe und in ihrem Umfeld. Die Beiträge dieses Bandes versuchen zu beschreiben, was dieses Etwas ist, und sie handeln auch von der Frage, wie man sich dabei mit dem Theater einrichtet.

Interaktion

Wofür das Theater im Film immer gut ist (auch im Erzählkino), ist die Beobachtung von Interaktion. Und zwar Interaktion im Zustand der Verdichtung, räumlich, zeitlich, personell, reduziert auf drei und weniger Akteure an einem Ort, der manchmal so aussieht, als kennte er kein Außerhalb (vgl. Bormann, Umathum). Die beleuchtete Bühne in Syberbergs Fünfter Akt, Siebente Szene. Fritz Kortner probt „Kabale und Liebe“ ist in dieser Hinsicht exemplarisch: durch den Film in ein alttestamentarisches Szenario transformiert, wie aus dem Dunkel gehoben, Licht, Nacht, ein Paar, ein Sündenfall und ihnen gegenüber die Stimme aus dem Off, die über die Szene regiert.

Gesucht wird also die gesteigerte Intensität. Die größere Konzentration oder Anspannung (vgl. Bormann), die großen Gefühle, für die das Theater angeblich zuständig ist; und in der Ökonomie der Gefühle und Affekte auch der große Ausbruch, der einmal oder mehrfach stattfinden kann. Sehr häufig ereignet er sich mehrfach, denn das Theater ist auch eine Kunst der Repetition, nicht zuletzt dort, wo ein Ausbruch spontan erscheint und eine Eskalation nicht mehr zu kontrollieren (vgl. Roselt, Etzold). Dass die Intensität dabei wie exklusiv erfahren wird, i.e. entweder innerhalb der Probenarbeit, zu der nur eine sehr überschaubare Zahl von Akteuren überhaupt Zutritt erhält (vgl. Bormann, Umathum, Roselt), oder aus einer Nähe, die für die Zuschauer im Auditorium nicht vorgesehen ist (vgl. Etzold), stiftet einen Mehrwert gegenüber dem Theater. Das bessere Schauspiel wäre dann allemal im Film anzutreffen, und zwar genau dort, wo dieser den Blick auf die Arbeit des Theaters richtet.

Aus der Nähe, manchmal in Großaufnahme: der Affekt, die Aushandlungen, die Ausbrüche, und außerdem: die Prozesse der Übertragung von Affektbewegungen in Auftrittsgeschehen oder von Anweisungen in Abläufe. Wenn diese Übertragung nicht reibungslos läuft, hat das viel damit zu tun, dass die Rollen nicht immer klar konturiert sind, weder auf der Bühne noch abseits davon; entsprechend ist die Beobachtung von Theaterarbeit auch eine von Rollenkonzepten und Rollenkonflikten. Es gibt Fälle, in denen die Funktionen und Hierarchien stabil, die Positionen fest verteilt und die Umstände der Rollenarbeit nur desto unerbittlicher sind (vgl. Bormann). Es gibt andere, in denen eine Vorstellung über die Verteilung der Rollen besteht, aber nur auf Seiten der zentralen Akteure und nicht auf der des Publikums oder des Ensembles (vgl. Etzold, Roselt). Die Krisen sind dann programmiert, die Eskalation unter Umständen auch; und wenn die Ausbrüche ausbleiben, heißt das nicht unbedingt, dass man sich über die Rollenkonzeption oder das Bühnengeschehen einig geworden wäre. Theater von der Probe her zu erzählen, heißt auch, infrage zu stellen, was jede Aufführung behauptet: dass ein Prozess der Theaterarbeit zu einem glücklichen Abschluss kommen kann.

Prozess

Was mit der filmischen Beobachtung von Theaterarbeit außerdem hergestellt wird, ist ein Bewusstsein von Prozesshaftigkeit, oder, grundsätzlicher: von Prozessualisierung als demjenigen Prinzip, das der Betrachtung der Inszenierung als Werk oder als Ereignis entgegengesetzt ist. (Die Aufzeichnungen, die von Sendern wie ZDF Kultur oder 3sat während der Festspiele in Bayreuth, Salzburg, während des Theatertreffens oder anderer Festivals gesendet werden, entsprechen eher der Prinzip der Behandlung von Theater als ‚Werk‘ und relativ stabiles Gebilde.)

In der Probe sucht die Dokumentation: den Ablauf, die Dynamik; ebenso: ein Schauspiel der Entstehung, Entwicklung, und weiter: einen Zustand der Fluidität, bevor die Auftritte und Abläufe fixiert werden. Indes ist Fluidität nicht nur ein Kennzeichen des Materials, aus dem sich vielleicht eine Inszenierung entwickelt, sondern auch Kennzeichen der Theaterarbeit selbst, deren Konturen diffus und deren Beziehung zu ihrem Außen durchaus nicht immer klar markiert ist. Was zur Arbeit am Theater gehört und was nicht, wo diese Arbeit ihre räumlichen und zeitlichen Grenzen findet, was dem Theater zuarbeitet, was ihm entzogen werden kann, was als das ‚Andere‘ von Theaterarbeit zu betrachten wäre etc., sind Fragen, zu denen die filmische Dokumentation von Probenprozessen unterschiedliche Positionen entwickelt (vgl. Matzke, Buchmann). In Zeiten der kreativen, performativen, exploitativen Arbeitskonzepte und der Forderung nach einem kreativen, wandelbaren, zu allen möglichen Identifikationsleistungen fähigen Arbeitssubjekt, kann die Theater- und Probenarbeit, deren Akteure zugleich ihr Material und ihr Produkt sind, in jedem Fall die Züge eines exemplarischen Szenarios annehmen (vgl. Buchmann, Thurner).

In den Zustand der Prozessualisierung versetzt, erscheint das Theater tendenziell unabschließbar: an seinen Rändern und in seinen Hervorbringungen (wo endet die Arbeit an einer Inszenierung, und woran wäre zu erkennen, dass sie beendet ist?), aber auch in seiner Zusammensetzung aus Szenen und Auftritten, die ihrerseits aus Gesten, Handlungen, Artikulationen, Phrasierungen bestehen, die in unbestimmter Folge einstudiert, geprobt, wieder geprobt, bis auf Widerruf zusammengesetzt und ein weiteres Mal zum Gegenstand einer Probe gemacht werden. Das, was sich auf der Bühne als geschlossener Auftritt oder als geschlossenes Ensemble präsentiert, wieder auseinanderzunehmen, kann zu einer Sache des Films werden, wenn die Bestandteile der ‚großen Szene‘ im Modus des Hin und Her, Vor und Zurück betrachtet werden, der die Probenarbeit kennzeichnet (vgl. Dotzler), oder wenn das, was eben noch als Ensemble auftrat, wieder in eine Anzahl von Einzelpersonen, Lernprozessen, Einstudierungen zerlegt wird (vgl. Thurner).

In den Filmen, die sich mit Theaterarbeit befassen, kennt die Prozessualisierung wenigstens zwei Grundmuster: die Progression und mit ihr das Work-in-Progress, das sich Schritt für Schritt in Richtung der Perfektion und der Präsentabilität entwickelt. (Die Publikumserfolge unter den Dokumentationen wie etwa Rhythm Is It! oder Tanzträume bevorzugen dieses Muster eindeutig.) Oder die Repetition, die sowohl die systematische als auch die ziellose Wiederholung beschreiben kann und gegen die Erzählung vom Work-in-Progress ein Geschehen behauptet, an dem nicht zuletzt die Momente der Unbestimmtheit, der Redundanz, der Verausgabung oder des surplus interessieren (Matzke, Dotzler).

Sozialexperiment

Offene Situationen: Das Theater vermag sie herzustellen, aber es vermag sie ebenso zu finalisieren. (Dass dort, wo zuvor Probe war, auf einmal Aufführung sein soll, erscheint, je nach Standpunkt der Betrachter, als ein Wunder oder als ein Gewaltakt.) Das Theater ist jene politische Kunst, in der Rollen verteilt, Positionen zugewiesen, Aufteilungen zwischen Akteuren und Zuschauern vorgenommen und Handlungsräume markiert werden. Im Theater wird das Auftrittsbewusstsein geschult, aufseiten der Zuschauer wie aufseiten der Akteure; und in der Dokumentation eine Beziehung zwischen dem Theater und seinem Außen herzustellen, heißt auch, die Prozesse der Aufteilung und Auftrittsordnung andernorts in den Blick zu nehmen. Der politische Umbruch bietet sich dafür an, wenngleich die Auftrittsregime, die sich dabei als durchsetzungsfähig erweisen, mit einer offenen Situation bald nicht mehr viel zu tun haben (vgl. Rothöhler).

Wo die Aufteilungen vorgenommen, die Regime etabliert sind, wird die Aufführung zu jenem Schauspiel, an dem die Modellierung der Körper durch die Ordnungen, die inner- und außerhalb des Theaters wirken, studiert werden kann. Probenarbeit ist Körperarbeit, Körperarbeit eine Arbeit der Disziplinierung, Perfektionierung, Funktionalisierung, die gelingt oder auch nicht, der Übertragung, die nie ganz auf das Funktionale beschränkt ist. Im Auftritt, für die Kamera inszeniert oder von der Kamera beobachtet, kann es geschehen, dass die Einschreibungen wieder an die Oberfläche treten oder kommuniziert und an andere Körper abgegeben werden. Tendenziell sind dies die Momente, in denen das Theater, der Tanz dem filmischen Blick etwas unheimlich wird: in gewisser Nähe zur Dressur, aber auch zum Ritual, zur Magie, die den Prozessen der Übertragung anhaftet (vgl. Holl/Ott).

So wie das Theater andererseits mit Wohlwollen betrachtet werden kann, wenn das Schauspiel kommensurabel, die Situation nicht so sehr offen als vielmehr glücklich gestaltet erscheint. Theaterarbeit ist, oft genug, kollektive Arbeit, Betrachtung des Theaters somit Betrachtung von Kollektiven als Arbeits- und Lebensgemeinschaften (eins nicht ohne das andere; in der filmischen Theaterdokumentation existiert eine deutliche Präferenz für Kollektive, in denen sich Arbeit und Leben vermischen). Die Idee der besseren Gemeinschaft wird dabei stets gegenwärtig gehalten, teils explizit, in Diskursivierungen durch die Theatermacher (vgl. Schmidt), teils implizit, in Selbstauskünften und der Darstellung von Arbeitsformen oder -abläufen (vgl. Decker, Drewes). Ebenfalls gegenwärtig ist das Konzept einer exemplarischen Organisation von Kunst und Leben. Theater existiert in diesen Filmen vorrangig in der Kategorie des gemeinsamen Projekts (vgl. Schmidt, Drewes). Und wenn die soziale Utopie, die der Film im Theater und in seinen Kollektiven entdeckt, ihre beklemmenden Aspekte hat, so artikulieren sich diese nur verhalten (vgl. Decker) oder erschließen sich retrospektiv, aus der Perspektive der sekundären Betrachtung.

System

Oder das Theater wird ins Bild gesetzt, nicht um von einer ganz anderen (utopischen) Organisation des Zusammenlebens zu handeln, sondern von einer gegenwärtigen, die bereits existiert, in Abgrenzung zu anderen und in konkreten Hervorbringungen, zu denen auch das Theater gehört. In einer kompetitiven Perspektive, in der es darum geht, eine Organisation gegen eine andere, auch: ein System gegen ein anderes, zu profilieren, kann das Theater als jene Einrichtung figurieren, an der die Überlegenheit eines (politischen) Systems anschaulich wird (vgl. Klöck). Das bessere System wäre dann dasjenige, das die besseren Theater hat, und darüber hinaus: die besseren Methoden der Theaterarbeit und -ausbildung, aus der die besseren (freieren, selbständigeren) Subjekte hervorgehen; ein strikt repräsentationales Konzept, das Theater und seinen Akteuren die Rolle von Stellvertretern bezeichnet.

In den Fällen, in denen die Darstellung des Theaters weniger kompetitiv organisiert ist, kommt unter Umständen anderes in den Blick. Nicht die behauptete Superiorität eines Systems oder einer Organisation, sondern deren Spezifik: das, was sie in Gang hält, aber auch die Formen und Strukturen, in denen sie der Beobachtung zugänglich werden (vgl. Diekmann). Spezifische Akteure, Routinen, Kompetenzen, Abläufe, spezifische Aufteilungen und Grenzziehungen: Die Sichtschranken, die das Theater seinen externen Besuchern oder dem filmischen Blick entgegensetzt, sind Teil dieser Aufteilungen und damit auch ein Teil dessen, was ‚Theater‘ ausmacht. Dass es in eben diesen Grenzen und Beschränkungen intelligibel werden könnte (und nicht erst, dem theatralen Topos der Backstage entsprechend, in jenen Schauplätzen, die dem suchenden Blick zunächst unzugänglich bleiben), ist eine Perspektive, in der sich die Differenz zwischen On und Off ein Stück weit relativiert.

Was die Backstage zu versprechen scheint: den besseren Einblick, die größere Nähe, die geteilte Intensität, die unmittelbare Erfahrung etc., kann von den Filmen, die sich hinter die Kulissen oder an die Ränder der Bühne begeben, als ein verbindliches oder als ein leeres Versprechen behandelt werden (vgl. Warstat). Es gibt nicht wenige Theaterproduktionen, die zur Idee des konkurrierenden Schauplatzes, der abseits der Bühne oder der beleuchteten Szene verortet wird, ein sehr ironisches Verhältnis entwickelt haben. In Filmproduktionen ist dies deutlich seltener der Fall, selbst dort, wo sie auf ein Theater treffen, das sich selbst an die eigenen Ränder verlegt, um dort bestimmte Prinzipien theatraler Inszenierung aufrechtzuerhalten und die Idee des exklusiven Einblicks zur travestieren.

In Memoriam

Dass in der Aufzeichnung etwas Verschwindendes erfasst wird (unvollständig, ausschnitthaft, aber eben doch: erfasst), ist ein Topos der Auseinandersetzungen mit dem Theater. Für die schriftliche Aufzeichnung gilt das ebenso wie für den Film, der von der Theaterarbeit festhält, was sich im Moment präsentiert, und nicht festhält, was im selben Moment andernorts zu sehen wäre, und in der Aufzeichnung bereits ein Verschwinden antizipiert, das dann früher oder später statthat (vgl. Warstat, Wortelkamp). Wenn sie überhaupt auf Dauer existieren, dann in filmischer Form: die Auftritte, Aufführungen, Produktionen des Theaters, aber auch die Akteure, die in Proben und Produktionen zu sehen sind, oder diejenigen, die an ihrer Entstehung beteiligt waren.

Filmarbeit ist Aufzeichnungsarbeit, darin auch memorial und tendenziell immer melancholisch, selbst wenn sie nicht darauf angelegt ist. Unbeschadet der Verkennungen, die in dem anhaltenden Faszinationsverhältnis von Theater und Film am Werk sind, verdankt das Theater seiner filmischen Beobachtung mithin eines zuverlässig: ein Nachleben, eine zweite Existenz; jene anderen Szenen, in denen es für die Betrachtung verfügbar gehalten wird.

 

Für dieses Buch habe ich vielfachen Dank auszusprechen. Dem Department Kunstwissenschaften der LMU München, dem Programm LMU-excellent und den Münchner Kammerspielen für die Förderung der Tagung „Die andere Szene – Theaterproben und Theaterarbeit im Dokumentarfilm“, die im Januar 2011 in München stattfand. Fabienne Liptay, Petra Löffler, Nathalie Weidenfeld und Wolfgang Horn für ihre Moderation und die klugen Kommentare. Den guten Geistern Julia Huber, Tatiana Kurancheva, Sabine Sophie Rösch, Fabian Rudner und Nikolaus Witty für die perfekte organisatorische und technische Betreuung. Den guten Geistern andernorts, Adele Dittrich Frydetzki und Franziska Weinmann, für ihre redaktionelle Mitarbeit. Eva Könnemann und Lilo Mangelsdorff für die Filme und Bilder, die sie zur Verfügung gestellt haben. Den Autorinnen und Autoren für ihre schönen Texte und ihre große Geduld. Nicole Gronemeyer und Paul Tischler vom Verlag Theater der Zeit für noch größere Geduld und für ihre Unterstützung. Und dem Verlag diaphanes für die freundliche Genehmigung zum Wiederabdruck von Bernhard Dotzlers Text Treatment der Diven.

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