Wer eine Inszenierung von Ulrich Rasche besucht, kann sicher sein: Wo Rasche draufsteht, ist auch Rasche drin. Man weiß, dass seine Arbeiten zum Epischen neigen. Die Schauspieler schreiten endlos auf Laufbändern gegen die Richtung. Flankiert werden sie stets von einem antikisierenden Chor.
„Wehe, ihr Verrückten!“, ruft das Stimmenkollektiv den Zuschauern in Rasches jüngster Inszenierung „Sieben gegen Theben / Antigone“ am Schauspiel Frankfurt schleifenartig und unter tosendem Klanggebaren entgegen, nachdem jedoch das Schlimmste schon eingetreten ist. Nach dem Tod des Ödipus haben sich seine Söhne Polyneikes und Eteokles in einem Machtkampf um Theben gegenseitig umgebracht. Rasche, 1969 geboren und durch sein Performanceprojekt „Singing! Immateriell arbeiten“ (2004) bekannt geworden, arbeitet als ein Verehrer der klassischen Antike mit modernem Anspruch. Noch immer zeugen seine oratorienartigen Theaterrealisierungen von einem Chor, der mahnt und kommentiert, einem Chor, der das Pathos im urtümlichsten Sinne als Leiden der Figuren an ihrem Schicksal auf die Bühne bringt. Doch auch Hoffnung geht von ihm aus. Vergegenwärtigt man sich etwa seine Inszenierung der biblischen „Apokalypse“ (2013) am Schauspiel Stuttgart, so erkennt man in der Verdichtung der Stimmen durchaus einen anderen, fast schon erbaulichen und jenseitigen Raum. Während Johannes im Vordergrund den nahenden Weltuntergang vorhersagt, ziehen die Mitglieder des Chors auf...