Marktstrasse, waz wirret dier?
von Matthias Däumer
Erschienen in: Recherchen 127: Darstellende Künste im öffentlichen Raum – Transformationen von Unorten und ästhetische Interventionen (12/2017)
Assoziationen: Ender/Kolosko
I
In Oberhausen liegt jenseits des Randes die Neue Mitte, das CentrO, eine riesige Shopping-Mall auf dem Gelände der ehemaligen Gutehoffnungshütte, in der Nähe des Gasometers (für Kulturbegeisterte) und angereichert mit einem Schuss Entspannung in Form einer grob skizzierten Flaniermeile und Möglichkeiten der sportlichen Betätigung. Alles schön und gut − doch gelebt wird woanders. In der Neuen Mitte geht es um wichtigere Dinge, denn der Bürger ist in diesem Gebiet endlich zu hundert Prozent das, was er in vielen neoliberalen Köpfen schon immer sein sollte: ein sich selbst optimierender Konsument! Zum heutigen WM-Spiel Deutschland gegen Ghana sind gebrannte Mandeln der Renner, in Plastiktüten fein säuberlich schwarz-rot-gold geschichtet: Konsum der zuckrigen Nation auf überbauter Hoffnung und in der Leere eines kapitalisierten O.
Schon seit den frühen 1990er Jahren saugt dieses „Herz“ das Leben aus der Alten Mitte, der Oberhausener Marktstraße. Dass das Einkaufscenter dafür subventioniert wird, gehört zu den Dingen, für die sich die Oberhausener SPD erst kürzlich entschuldigt hat: Wenn das Herz einen Schrittmacher braucht und das Blut weniger verteilt denn vampirsch saugt, scheint dies bedauernswert, doch „alternativlos“. Wer fragt schon nach dem Alten, wo das Neue so zuckrig schmeichelt – nachdem man den Eintritt bezahlt hat?
Ender und Kolosko...