Text, Darstellung, Institution
Vom Nutzen und Nachteil der Theorie für die Schauspielausbildung
von Marion Tiedtke
Erschienen in: Lektionen 4: Schauspielen Ausbildung (12/2010)
Vom Nutzen und Nachteil der Theorie für die Schauspielausbildung
I.
Wirft man einen Blick auf die verschiedenen Studienordnungen des Schauspiels, so fällt auf, dass an den Ausbildungsinstituten die Theorieunterrichte zwischen einer bis sechs Wochenstunden schwanken. Vergleicht man diesen Befund obendrein noch mit den Ausbildungskonzepten von vor fünfundzwanzig Jahren, so waren an machen Instituten gar keine Theoriestunden vorgesehen oder aber wöchentlich ein ganzer Theorietag – wie in der traditionsreichen Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“, wo man den Bau der Rolle mit ihrem gesellschaftlichen Überbau konformierte. Unterschiedliche Relevanz wird also dem beigemessen, was landläufig Theorie als Theatergeschichte und Dramaturgie bezeichnet. Kollegen, die Theorie unterrichten, klagen über das fehlende Interesse an ihrem Fach, da sie sich Studierenden gegenübersehen, die in erster Linie spielen wollen. Im Rollenunterricht beschäftigen sich die zukünftigen Schauspieler ohnehin mit Texten, wozu braucht der Schauspieler dann noch Theorie? Und wenn ihm in der späteren Praxis sowieso ein Regiekonzept begegnen wird, folglich von einer historischen Spielweise – wie etwa in der Musik – im Schauspiel gar nicht die Rede sein kann, scheint der direkte künstlerische Nutzen kaum absehbar. Ist Theorie womöglich nur das Relikt eines schwindenden Bildungsanspruches? Zu guter Letzt beschleicht auch Rollenlehrer die Angst, zu viel Wissen könne der Spontaneität...