Nachruf
In Memoriam Hans Otto
von Teo Otto
Erschienen in: Theater der Zeit: Surrealismus und was man dafür hält (12/1946)
Assoziationen: Akteur:innen

Am 24. November 1933 wurde Hans Otto, 33 Jahre alt, jugendlicher Held am Staatlichen Schauspielhaus Berlin, von den Nazis ermordet. Der selbstloseste Verfechter der Wahrheit und Gerechtigkeit endete in einem blutigen Martyrium. Gemeinheit und Verbrechen zerschlugen dieses strahlende Gefäß menschlicher Tugenden. Er starb,
weil er das Leben liebte und ihm so nahe war,
weil er das Heldentum ablehnte und für die Gerechtigkeit alles einsetzte,
weil er im Kampf eine Selbstbescheidung aufbrachte, die beispiellos war für einen Schauspieler,
weil er unermüdlich und überwach die Schrecken des Nationalsozialismus geißelte,
weil er Kunst und Leben vereinte.
Er lehnte es ab, in die so beliebte deutsche Welt schimärenhafter Träume und Abstraktionen zu flüchten. Er lehnte es ab, mit obskuren Begriffen sein Gewissen zum Schweigen zu bringen. Er flüchtete nicht vor der erdrückenden Wirklichkeit mit der Devise: „Ich habe ja nur mit Kunst zu tun"; denn es wäre für ihn die Flucht vor der Liebe zum Mitmenschen und vor der Verantwortung für den Nachbarn gewesen. Das hätte ihm das Versiegen der künstlerischen Quellen bedeutet. Im Schatten der drohenden Katastrophe appellierte er leidenschaftlich an den geistigen und künstlerischen Menschen Deutschlands, endlich der Wirklichkeit ins Antlitz zu sehen und sich als schöpferischer Mensch der ungeheuren Verantwortung bewußt...