Auftritt
Theater Bremen: Die persönliche Schmerzfigur
„Schmerz Camp“ von Patty Kim Hamilton (UA) – Regie Christiane Pohle, Bühne Anton von Bredow, Kostüme und Video Anna-Sofie Lugmeier und Laura Weissenberger
von Jens Fischer
Erschienen in: Theater der Zeit: Überschreibungen des Kanons – Antike und Gegenwart – „Ajax“ von Thomas Freyer (01/2024)
Assoziationen: Bremen Theaterkritiken Dossier: Neue Dramatik Patty Kim Hamilton Theater Bremen
In angespanntem Entspannungsbemühen sind sieben Frauen auf Liegestühle drapiert, haben Masken über die Augen gezogen und lauschen dahingeorgelten Beruhigungsklängen. Eine Wand aus Steinbrockenimitaten deutet auf Billigurlaub hin, ein Drahtgitter auf Gefängnis und das Parkidylle-Panorama auf ein Zauberberg-Sanatorium. Auch Assoziationen zu Horrorfilmkliniken erwachen, denn ein lebenssaft- oder menstruationsrot aus dem Wasserhahn des rückwärtigen Bades gespeister Bach trennt das aufwändig anspielungsreiche Bühnenbild (Anton von Bredow) in ein Areal für Patientinnen und eines für Bedienstete. Gern würden sich die Frauen dort „wie zu Hause“ oder wie in einem Hotel fühlen und beginnen zur Einschätzung ihrer sehr unterschiedlichen Biografien, ein wenig Alltagspersönliches auszuplaudern. Bis plötzlich ein Schrei das Gefühl zeitlosen Wartens aufmischt. Elif (Leila Abdullah) dreht sich zur Seite, eine Wärmflasche ist an ihren Rücken bandagiert. „Keine Sorge. Manche haben Schmerzattacken, aber das geht normalerweise schnell vorbei“, heißt es. Aber das stimmt nicht. Denn Patty Kim Hamilton, derzeit Hausautorin des ATT Ateliers am DT Berlin, lenkt mit der Uraufführung ihres Auftragswerks am Theater Bremen in ein „Schmerz Camp“ für Menschen, die an chronischen Schmerzen leiden. Die Autorin selbst lebte an solchen Heil-, Linderungs- oder pseudomedizinischen Schabernack-Orten, um von der Migräne erlöst zu werden, die sie vier Jahre lang gepeinigt hat. Aus den dabei mitgehörten...
