Was ist der Unterschied zwischen einem Ratschlag und Paternalismus?“ „Wie würde eine angemessene Erinnerungskultur an Kolonisation aussehen?“ „Inwiefern entlastet das Einstellen einer Diversity-Beauftragten eine Institution, tatsächlich Diversity-Arbeit zu leisten?“ – Das sind nur drei von eintausend (!) Fragen, die die britische Künstlerin Selina Thompson für die Installation „Race Cards“ auf weiße Karten notiert hat, um sie im öffentlichen Raum zu platzieren und damit zur Diskussion zu stellen. Die temporäre Black Box, an deren Wänden sämtliche Fragen in deutscher und englischer Sprache ausgehängt sind, steht im Eingangsbereich des Staatstheaters Braunschweig und bildet in mehrfacher Hinsicht das Herzstück der diesjährigen vierten Ausgabe des Festivals Theaterformen unter der künstlerischen Leitung von Martine Dennewald.
Vom Frankfurter Mousonturm kommend, startete die jetzt 38-jährige gebürtige Luxemburgerin 2015 als Nachfolgerin von Anja Dirks mit einem Fokus auf partizipative Formate, setzte 2016 einen regionalen Schwerpunkt auf Südostasien, gab 2017 vor allem Produktionen von Frauen eine Bühne und bündelt in diesem Jahr 17 internationale Arbeiten unter dem Schwerpunkt „Postkoloniale Verstrickungen“. Martine Dennewald führt damit drei kuratorische Traditionslinien der Theaterformen, die wechselnd in Hannover oder Braunschweig stattfinden, fort. Gemeinsam mit ihrem Team lädt sie Produktionen ein, die in der Gesamtschau die Formenvielfalt zeitgenössischer Theaterproduktion abbilden sollen, wobei etwa ein Drittel...