Musik
Neue Musikforschungen in Rußland
von Siegfried Borris
Erschienen in: Theater der Zeit: Surrealismus und was man dafür hält (12/1946)
Ein Laboratorium und Forschungskabinett für Tonsysteme wurde in der UdSSR geschaffen zur Bearbeitung der musikwissenschaftlichen Probleme, die durch die theoretischen Werke von A. Ogoljewez in den Vordergrund gerückt wurden, sowie zum Bau neuer Musikinstrumente, deren Konstruktion auf dem erweiterten Tonsystem beruht. In dem Hauptwerk von A. Ogoljewez „Die Grundlagen der Harmonie" wurde unter anderen Problemen die Frage der Weiterentwicklung des bestehenden Musiksystems aufgeworfen, das bekanntlich als Ergebnis eines langen geschichtlichen Entwicklungsprozesses 12 Halbtöne in der Oktave umfaßt. In den Musikkulturen einiger Völker gibt es jedoch primitivere und in manchen Musikkulturen der Völker des Ostens kompliziertere Tonleitern. (Bei den Arabern wird die Oktave in 17 Töne, bei den Indern in 22 eingeteilt.)
A. Ogoljewez gelang es zu beweisen, daß alle diese verschiedenartigen Teilungen der Oktave verschiedene Stadien in der Entwicklung des Musiksystems sind und daß ein jedes höhere System alle niedrigeren einschließt. Das bedeutet nun im besonderen, daß in der 17tönigen Skala die gesamte europäische Musik gespielt werden kann, wobei dann die zusätzlichen 5 Töne eine unerhörte melodische und harmonische Bereicherung in einer Weise ermöglichen, die noch gar nicht abzusehen ist. Es sind auch die Vorbedingungen geschaffen für eine einheitliche Notenschrift aller Musikkulturen und für die Weiterentwicklung des gegenwärtigen Musiksystems. Noch...