Probieren und inszenieren in den großen Berliner Zirkusgebäuden
von För Künkel und Mirjam Hildbrand
Erschienen in: Zirkuskunst in Berlin um 1900 – Einblicke in eine vergessene Praxis (02/2025)
Die festen Spielstätten in den urbanen Ballungszentren dienten den Artist:innen während ihrer Engagements auch als Raum für ihre Trainings und Proben, beispielsweise für neue Darbietungen und Tricks. In einer Beschreibung der Räumlichkeiten von Circus Busch ist auch von einer „Uebungsmanege“ beim Stallgebäude die Rede (vgl. S. 55).
Die narrativen Zirkuspantomimen erforderten, wie die Inszenierungen auf Schauspiel- und Opernbühnen, lange Vorbereitungen und Proben. Wie in Archiven auf Anschlagzetteln und Plakaten bereits aus der Zeit um 1800 zu lesen ist – das Stadtmuseum Berlin besitzt beispielsweise einige, gehörten die narrativen Zirkuspantomimen seit der Entstehung des modernen Zirkus im ausgehenden 18. Jahrhundert zu dessen Aufführungspraxis. Der Clown Albert Fratellini beschreibt in seinen Memoiren, wie sehr die großen Zirkusgesellschaften um die Gunst des Publikums buhlten. Mit ihren Pantomimen versuchten sie sich gegenseitig zu übertreffen. Es ging um die beste Ausstattung, die spektakulärsten Effekte, um die Aktualität der Themen und Stoffen, um den Bekanntheitsgrad der engagierten Künstler:innen, um dramaturgische Kniffe, spannend erzählte Geschichten, es ging um das nie Gesehene, um Superlative. In den Pantomimen spielten die Artist:innen Figuren, so übernahm das Reitkünstlerduo Hodgini in der Pantomime Babel bei Circus Schumann 1903 etwa die Rollen von Semiramis und Sardanapel – selbstverständlich zu Pferd. Insbesondere den Clowns...