Theater der Zeit

Zirkuskunst in Berlin um 1900

Einblicke in eine vergessene Praxis

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Assoziationen: För Künkel Mirjam Hildbrand

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Zirkuskunst in Berlin um 1900: Längst vergangen und verschwunden? Was hat das mit Heute zu tun?

von För Künkel und Mirjam Hildbrand

Während unserer Recherchearbeit in diversen Archiven stießen wir in den Werbeteilen von Artistik-Fachzeitschriften aus der Zeit um 1900 auf zahlreiche Anzeigen von Künstler:innen. Unzählige freischaffende Artist:innen traten um 1900 als Solokünstler:innen, als Duos, Trios oder auch in größeren Formationen in Berlin auf. Sie spielten in längst vergangenen und verschwundenen Spielstätten wie Circus Renz, Circus Schumann, Circus Busch, im Wintergarten, in Theatern mit den Namen Apollo, Belle-Alliance, Central, Walhalla oder im berühmten Berliner Überbrettl und in zahlreichen Festsälen, Tanzlokalen sowie auf Sommerbühnen. Diese freischaffenden Künstler:innen bewegten sich gekonnt zwischen verschiedenen Bühnen und Aufführungsformaten, die bis heute im akademischen Kontext als nicht untersuchenswert empfunden werden. Denn die Arbeits- und Auftrittsorte dieser Künstler:innen galten und gelten bis heute als Stätten der sogenannten niederen …

Vorworte

  • Berliner Erinnerungen

    Nach 250 km Fahrt mit überladenem LKW und überlangem Wohnwagen auf holpriger Transitautobahn durch die DDR, passiere ich den Kontrollpunkt Dreilinden. Es ist das Gefühl auf einer Insel anzukommen. Dann …

    von Ueli Hirzel

  • Postkarte mit Blick auf das Gebäude von Circus Busch und die Alte Nationalgalerie (ca. 1900)

    Zirkus und Theater in Berlin

    In der Zeit des sogenannten „Postdramatischen Theaters“ etwa von den 1970er bis zu den 1990er Jahren, verlor der dramatische Text an Wichtigkeit im Theater. Andere Elemente wie der Körper, Bewegung, …

    von Nele Hertling

    Foto: Landesarchiv Berlin, F Rep. 251-02: 8518. Spreepartie mit Nationalgalerie und Circus Busch (Postkarte)

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  • Circus Identities

    For a very long while I would struggle to give an answer when people asked me where I came from. The members of my family, a traveling circus family since …

    von Joanna Bassi

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  • Im Rausch der Technik

    Bühnentechnik ist nicht notwendig, um Theater zu konstituieren. Aber sie verhilft bestimmten Theaterformen, darunter dem Zirkus, zu mehr Attraktivität. Sie kann die Raum- und Zeitwahrnehmung eines Geschehens steigern, Handlungen beschleunigen …

    von Andreas Kotte

Einleitung

  • Blick von der Kaiser-Wilhelm- Brücke (heute Liebknechtbrücke) spreeabwärts auf das Gebäude von Circus Busch hinter der Friedrichsbrücke (1931). Landesarchiv Berlin, F Rep. 290 (09),  Allgemeine Fotosammlung der Landesbildstelle Berlin: 0284462. Spree

    Ein Stadtspaziergang

    Dieses Buch beginnt mit einem Stadtspaziergang im April 2018. Wir begeben uns mit einer Stadtführerin auf eine Tour zu den nicht mehr bestehenden Zirkusgebäuden im Berliner Stadtzentrum. Startpunkt: Brandenburger Tor …

    von För Künkel und Mirjam Hildbrand

    Foto: Ernst Zahn, 1931

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  • Vorderseite: Abzug einer Zeichnung von einer Artistin im Zirkus mit Aufschrift Die ‚Königin der Luft‘ auf der Erde.

    Archivfieber

    Jedes Auge, das über Oberflächen hingleitet und sie abtastet, vergleicht. Vergleichen schärft den Blick. [...] Grundlegender als Vergleichen ist das Aufspüren von Kontexten und das Aufhellen von Zusammenhängen. Historiker, die …

    von För Künkel und Mirjam Hildbrand

    Foto: Archiv Friedrichstadt-Palast Berlin.

Teil 1: Zirkusarchitekturen im Berliner Stadtzentrum um 1900. Markthallenzirkus, Circus Krembser, Circus Busch

  • Luftaufnahme von Circus Busch Berlin. Im Vordergrund die Alte Nationalgalerie, im Hintergrund der Bahnhof Börse, heute Hackescher Markt (1919).

    Einführung

    Die großen Zirkusgesellschaften spielten in Europa wie auch in Russland um 1900 nicht in Zelten, sondern in mächtigen Holzkonstruktionen oder in pompösen steinernen Gebäuden in den Stadtzentren, so auch in …

    von För Künkel und Mirjam Hildbrand

    Foto: Hansa Luftbild AG.

Teil 1: Zirkusarchitekturen im Berliner Stadtzentrum um 1900. Markthallenzirkus, Circus Krembser, Circus Busch

  • Handzeichnung der ersten Berliner Markthalle, Schnitt mit Zentralperspektive, Architekt: Friedrich Hitzig (1865).

    Von der Markthalle zur Zirkusspielstätte

    Der Markthallenzirkus basierte auf der Architektur der ersten Berliner Markthalle, die zwischen 1865 und 1867 nach den Plänen Friedrich Hitzigs von der Berliner Immobilien-Gesellschaft zwischen Schiffbauerdamm und Karlstraße (heute Reinhardtstraße) …

    von För Künkel und Mirjam Hildbrand

    Foto: Architekturmuseum der Technischen Universität Berlin, Inv. Nr. 1850.

  • Das Dach von Circus Krembser hinter der Kronprinzenbrücke; rechts daneben das Lessingtheater (ca. 1895).

    Circus Krembser oder: Die kurze Ära des Wellblechzirkus in Berlin

    Heizung des eisernen Zirkus Krembser. In Nr. 83 der Deutschen Bauzeitung d. J. befindet sich ein Artikel, der sich vorzugsweise mit der im Zirkus Krembser angewandten Eisenkonstruktion beschäftigt und …

    von För Künkel und Mirjam Hildbrand

    Foto: Landesarchiv Berlin, F Rep. 290 (02), Allgemeine Fotosammlung der Landesbildstelle, 0273523. 1900. Kronprinzenbrücke (Mitte), Fotograf Paul Gebauer, um 1900.

  • Ausschnitt aus einer Fotografie mit Blick von der Kurfürstenbrücke (heute Rathausbrücke) auf die Spree und das Gebäude von Circus Busch im Hintergrund (ca. 1930).

    Circus Busch und das Rätsel der Baupläne

    Gutachten über den jetzigen Zustand des Circusgebäudes an der kleinen Präsidentenstrasse 7 in Bezug auf Feuergefährlichkeit der Einrichtung und Anlage der Feuerlöscheinrichtungen.– […] 2.) Aufführungspodien. Der über den …

    von För Künkel und Mirjam Hildbrand

    Foto: Sammlung Stiftung Stadtmuseum Berlin, Inv.-Nr.: GE 2005/180 VF. Otto Bloom, Berlin-Steglitz, Kaiser-Wilhelm-Brücke, Berlin, um 1929, FotoTechniken; Bildmaße: 16,9 x 11,9 cm.

Teil 2: Inszenierungen der Technik auf den Zirkusbühnen Berlins um 1900

  • Innenansicht des Markthallenzirkus unter Circus Renz (ca. 1890).

    Einführung

    Wenn die großen Zirkusse von der Sommerreise in die Reichshauptstadt zurückkehren, pflegen sie die ersten Wochen ein rein zirzensisch-artistisches Programm darzubieten. […] Fragt man […] Leute aus dem weitaus größeren …

    von För Künkel und Mirjam Hildbrand

    Foto: Archiv Friedrichstadt-Palast Berlin.

  • Papierabzug zweier Filmsequenzen mit den Clowns Eugen Skladanowsky und Lavater Lee (1896).

    Wundervolles: Film und Projektionen

    In einer polizeilichen Zensurakte fanden wir ein Szenarium für die Pantomime Babel, die 1903 im Markthallenzirkus unter Circus Schumann Premiere hatte (vgl. Hildbrand 2023, S. 52ff.). Die Szenarien dienten als …

    von För Künkel und Mirjam Hildbrand

    Foto: Sammlung Stiftung Stadtmuseum Berlin, Inv.-Nr.: TA 08/934 VF. Papierabzug zweier Filmsequenzen mit Eugen Skladanowsky und Lavater Lee, Berlin, Alte Jacobstraße, Central-Theater, 1896. Papierabzug zweier Filmsequenzen, 8,00 cm x 6,20 cm.

  • Anzeige der Firma Willy Hagedorn im Artistik-Fachblatt Das Programm (1906).

    Looping the Loop: Spezialeffekte und spektakuläre Konstruktionen

    Die großen Berliner Zirkusspielstätten waren Schauplätze aufwendiger Inszenierungen und Experimentierfelder für die neusten technischen Errungenschaften der Zeit. Mittels Elektrizität und elektrischem Licht beziehungsweisen Projektionstechniken konnten ungeahnte, spektakuläre Spezialeffekte erzeugt werden, …

    von För Künkel und Mirjam Hildbrand

    Foto: Sammlung Stiftung Stadtmuseum Berlin, Inv.-Nr.: TA ZS 1,221. Das Programm, Artistisches Fachblatt, Nr. 221, 1.Juli 1906, Berlin, 1906, 29,50 cm x 22,00 cm, Reproduktion: Dorin Alexandru Ionita, Berlin.

  • Bauzeichnung in einem Bericht vom 6. März 1886 in der Fachzeitschrift Le Génie Civil über den neu gebauten Nouveau Cirque in Paris (1886).

    Herz in den Fluten oder: Zirkus unter Wasser

    82 Inszenierungen der Technik Beleuchtungseffekte, Filmprojektionen und: Wasserspektakel! Ab 1890 sind in den Spielplänen der Berliner Zirkusspielstätten Ankündigungen für Wasserpantomimen zu finden. Die erste Inszenierung mit und im Wasser Auf …

    von För Künkel und Mirjam Hildbrand

    Foto: Mit freundlicher Genehmigung von Circopedia.org, ursprünglich abgedruckt in der französischen Zeitschrift Le Génie Civil, 06.03.1886.

  • Programmzett el von Circus Renz für den 25. Dezember 1896 mit der Pantomime Lustige Blätt er und der Ankündigung einer „Original-Manège-Construktion des Circus Renz“ (1896).

    „Die Welt ist rund und muss sich drehen“: Versenkbare Manegen, Drehbühnen und Hubpodien

    Um 1900 ermöglichten die multimedialen Zirkusaufführungen mit ihren komplexen Beleuchtungs- und Aufzugsapparaturen, verschiedenen Projektionsflächen und aufwändigen bühnentechnischen Einbauten den Zuschauer: innen bis dahin wohl ungekannte, überwältigende Sinneserfahrungen. Im Markthallenzirkus wie …

    von För Künkel und Mirjam Hildbrand

    Foto: Sammlung Stiftung Stadtmuseum, Inv.-Nr.: SM 2018-00877. Programmzettel: Circus Renz. Première. Berlin, 1896–97 Drucktechniken; 67,60 cm x 23,30 cm, Reproduktion: Dorin Alexandru Ionita, Berlin.

  • Deckblatt eines Katalogs der Ausstattungsfirma Hugo Baruch & Cie. (ca. 1900).

    Kostüme, Requisiten und Bühnenbauten

    Ausstattungsfirmen wie diejenige von Willy Hagedorn oder Hugo Baruch waren von großer Bedeutung. Hugo Baruch & Cie. war um 1900 der Ausstatter im Bereich der Berliner Theaterwelt und weit darüber …

    von För Künkel und Mirjam Hildbrand

    Foto: Jüdisches Museum Berlin, BIB/154955/0. Aus: Produktkatalog der Firma Hugo Baruch & Cie., Berlin ca. 1890

  • Farblitografie der Firma von Adolph Friedländer für Circus Busch mit dem herzförmigen Drucksignet unten links (1921).

    1933: Zäsuren in der Berliner Kulturmetropole

    Ohne die jüdischen Künstler:innen ist die Theater- und Zirkuskultur um 1900 in Deutschland nicht zu denken. Aus dem jüdisch geprägten Konfektionswesen entwickelte sich neben Kostüm- und Ausstattungsateliers im letzten Drittel …

    von För Künkel und Mirjam Hildbrand

    Foto: Stiftung Stadtmuseum Berlin, Inv.-Nr.: VIII 93/631 SP. Adolph Friedländer, Circus Busch. Eigenes Gebäude Hamburg Eigenes Gebäude Berlin Eigenes Gebäude Breslau, Hamburg, 1921, Lithographie, 705,00 mm x 945,00 mm, Reproduktion: Michael Setzpfandt, Berlin.

Teil 3: Vom Verschwinden der Berliner Zirkusgebäude nach 1900

Teil 4: Zirkuspraxis in Berlin und ihre Spuren

  • Vereinslogo des Artisten-Verein Einigkeit (gegründet 1888).

    Artist:innen vereinigen sich

    Um 1900 lebten 2000 bis 3000 Artist:innen in Rixdorf und Tempelhof (ab 1912 Neukölln) – davon gehen die Autor:innen eines kleinen Katalogs zu einer Ausstellung über Neuköllner Artist:innen und ihre …

    von För Künkel und Mirjam Hildbrand

    Foto: Museum Neukölln, Logo Artistenverein Einigkeit (gegründet 1888)

  • Tanzprobe mit Ballettmeister Ottavi bei Circus Busch (1898/1899).

    Probieren und inszenieren in den großen Berliner Zirkusgebäuden

    Die festen Spielstätten in den urbanen Ballungszentren dienten den Artist:innen während ihrer Engagements auch als Raum für ihre Trainings und Proben, beispielsweise für neue Darbietungen und Tricks. In einer Beschreibung …

    von För Künkel und Mirjam Hildbrand

    Foto: Sammlung Stiftung Stadtmuseum Berlin, Probe Zirkus Busch Sammlung Kaminski/ Hannover „Der Circus“, Blatt: Der Circus Busch 1898/1899

  • Fotografie im Kabinettformat vom Clown Tom Belling, der bei Circus Renz und seinem Publikum als Dummer August bekannt wurde. In der Belegliste von Circus Renz ist er unter der Nummer 11 aufgelistet (ca. 1880).

    Mobilität, transnationale Vernetzung und Zäsuren

    Direkt nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs im Sommer 1914 berichtete das Programm von deutschen Artist:innen, die fluchtartig eines der „feindlichen Länder“ verlassen mussten und „mittellos mit den letzten Zügen …

    von För Künkel und Mirjam Hildbrand

    Foto: Sammlung Stiftung Stadtmuseum Berlin, nv.-Nr.: SM 2017-01048. Oskar Meyer, Moskau (Fotografisches Atelier) Clown Tom Belling sen., Dummer August, Berlin, Cabinet, 16,50 cm x 10,80 cm. Reproduktion: Friedhelm Hoffmann, Berlin

Schlussworte

  • Verbotsplakat der Berliner Theaterpolizei zum Aushang in Zirkusgebäuden (ca. 1885).

    Schall und Rauch

    Der Circus Busch hat einen neuen Typus künstlerischer Veranstaltungen geschaffen, deren Wesen deshalb mit einer gewissen Notwendigkeit verkannt wurde, weil sie sehr wenige ihres Gleichen haben, und weil diese eigenartige …

    von För Künkel und Mirjam Hildbrand

    Foto: Landesarchiv Berlin, A Pr. Br. Rep. 030-05: 1524. Polizeipräsidium Berlin, Theaterpolizei, Aufsicht über den Zirkus Renz, später Olympiatheater, 1881–1885

  • Eine Einladung

    Es wirkt wie die Ironie der Geschichte, dass sich gerade ein Vertreter des Deutschen Bühnenvereins sowie der Direktor des Thalia Theaters für eine bessere Bewertung der Zirkuskünste aussprechen – zumindest …

    von För Künkel und Mirjam Hildbrand

Anhang

  • Dank

    Für Unterstützung, Zeit und eine schöne Zusammenarbeit bedanken wir uns bei allen Vorwort-Autor:innen, bei Sabine Reich (Lektorat), bei Kerstin Bigalke (grafische Gestaltung). Für die Unterstützung bei der Recherche, beim Heraussuchen …